Datenschutz beim automatisierten Fahren sicherstellen

Mit Unterstützung durch ein Gutachten des ehemaligen Bundesinnenministers Gerhart Baum plädierte der Verbraucherzentrale-Bundesverband (VZBV) am Dienstag in Berlin für eine umfassende Regelung von Datenhoheit, Datensicherheit und Datenschutz sowie für klare Haftungsregeln.

Trust-Center für Daten

Baum schlug vor, die beim Fahren entstandenen Daten im Grundsatz nur anonymisiert über einen unabhängigen Datentreuhänder („Trust Center“) an Hersteller, Werkstätten und Infrastrukturbetreiber weiterzugeben. Daten zur Infrastruktur seien öffentlich verfügbar zu machen, ergänzte Marion Jungbluth, beim VZBW zuständig für Mobilität; schließlich würden sie auf öffentlicher Infrastruktur gewonnen.Finanziert werden sollte die Einrichtung über den Kaufpreis für das Auto.

Baum sagte, prinzipiell seien die Daten als Eigentum des Halters zu betrachten, im Zweifelsfall müsse seine ausdrückliche Zustimmung eingeholt werden. Er sollte auch eine Möglichkeit haben, die Datenerhebung auszuschalten. „Das Auto darf nicht zum Zeugen gegen uns werden“, sagte Baum.

Zulassungsvorschriften anpassen

Baum forderte, die europäischen Typzulassungsvorschriften um den Aspekt „Daten“ zu erweitern. Maxime sollte Datensparsamkeit („Privacy by design“) sein, gefolgt von wirksamem Schutz vor Eingriffen von außen. Mit der Zertifizierung der Software seien unabhängige Prüfstellen zu beauftragen. Auch bei der Hauptuntersuchung („TÜV“) sei eine Kontrolle der Fahrzeugsysteme zu ermöglichen.

VZBV-Vorstand Klaus Müller forderte, dass die Hersteller einheitliche Entscheidungsalgorithmen für das automatisierte Fahren verwenden. Sie seien auch offenzulegen, forderte das Mitglied der vom BMVI eingesetzten Ethikkommission.

Haftungsfrage klären

Jungbluth forderte, die Haftung für Unfälle mit hochautomatisierten Fahrzeugen klar beim Hersteller anzusiedeln. Auf keinen Fall dürfe es dazu kommen, dass die Hersteller den Fahrer als Rückfallebene heranziehen, wenn das automatisierte Fahrsystem mit der Komplexität einer Situation überfordert ist.

Jungbluth erwartet, dass der Referentenentwurf des Gesetzes zum teilautomatisierten Fahren noch vor Weihnachten in die Verbändeanhörung geht.

Ethikkommission tut sich schwer

Müller berichtete, die Ethikkommission sei auch in der zweiten Sitzung noch dabei „ihre Arbeit zu strukturieren“. Die Heterogenität der Teilnehmer habe extrem unterschiedliche Ansätze zur Folge.

Im Gespräch mit dem Verkehrsbrief plädierte er dafür, die Bürger in gewissem Umfang miteinzubeziehen – sei es passiv über Livestream oder aktiv durch öffentliche Diskussionsveranstaltung. Bei einer reinen Hinterzimmerdiskussion bestehe das Risiko, dass sich das Ergebnis nicht auf eine breiten gesellschaftlichen Konsens stützen kann, sondern sich die Kontrahenten wie bei Gen- und Nanotechnologie „in ihre Schützengräben begeben“. (roe)

Externer Link: Gutachten der Kanzlei Baum/Reiter, Positionspapier des VZBV

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