Fernstraßengesellschaft bleibt in Bundeshand

„Die Gesellschaftsanteile stehen im Eigentum des Bundes“, heißt es im Referentenentwurf für das Gesetz zur Errichtung einer Infrastrukturgesellschaft Verkehr vom Mittwochabend. Eine Sprecherin des BMVI bestätigte am Donnerstag morgen gegenüber dem Verkehrsbrief das Aus für die Privatisierungsoption.

Im Begründungsteil wird betont, dass privates Kapital in Projekte der Gesellschaft fließen kann, „wenn die Wirtschaftlichkeit gegeben ist“. Damit wird der Status quo für ÖPP beibehalten.

Die Gesellschaft soll zunächst als GmbH errichtet werden und am 1. Januar 2021 den Betrieb aufnehmen. Drei Jahre nach dem Betriebsstart ist aber eine Evaluierung geplant, bei der die Gesellschaftsform auf den Prüfstand soll.

Die Gesellschaft soll für Planung, Bau, Betrieb, Erhaltung, Finanzierung und vermögensmäßige Verwaltung der unter Bundesverwaltung stehenden Bundesfernstraßen zuständig sein. Das sind Autobahnen, autobahnähnliche Bundesstraßen mit Anschluss an Autobahnen sowie gegebenenfalls von den Ländern an den Bund übertragene sonstige Bundesstraßen. Für Neu- und Ausbau ist der Bedarfsplan maßgeblich.

Die Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft wird perspektivisch abgewickelt. Ihre Aufgaben sollen per Verordnung der Infrastrukturgesellschaft übertragen werden.

Das Errichtungsgesetz für die Infrastrukturgesellschaft ist aber nur ein Teil eines umfangreichen Pakets für die Neuordnung der Straßenbauverwaltung und der Bund-Länder-Finanzbeziehungen.

Fernstraßen-Bundesamt geplant

Weiter plant der Bund die Errichtung eines Fernstraßen-Bundesamtes als Aufsichts- und Planfeststellungsbehörde in Anlehnung an das Eisenbahn-Bundesamt. Anders als das EBA soll das „FBA“ aber auch die Funktion der Anhörungsbehörde übernehmen. Es übernimmt außerdem die Rechts- und Fachaufsicht für die verbleibende Länderauftragsverwaltung.

Das „FBA“ ist ferner für die Personalübernahme aus den Ländern zuständig. Die Länder sollen die zu einem noch zu bestimmenden Stichtag überwiegend für die Autobahnen eingesetzten Mitarbeiter binnen eines Jahres an den Bund melden. Beamte werden an das FBA versetzt, können aber der Infrastrukturgesellschaft zugewiesen werden, was vermutlich die Mehrheit betrifft. Tarifmitarbeiter wechseln in Form eines Betriebsübergangs nach §613a BGB zum FBA oder zur Infrastrukturgesellschaft.

Maastricht-Kriterien offenbar im Blick

Aus vorgesehenen Änderungen des Bundesfernstraßenvermögensgesetzes und des Bundesfernstraßenmautgesetzes lässt sich konstruieren, dass Schulden der Infrastrukturgesellschaft nicht dem Sektor Staat zugerechnet werden sollen. Die Gesellschaft solle „schnellstmöglich“ die Einnahmen für das in ihrer Zuständigkeit liegende Streckennetz aus eigenem Recht erhalten. Ihr sollen „insbesondere Nießbrauchrechte“ eingeräumt werden können.

Die Unabhängigkeit von Haushaltsmitteln gilt als ein wichtiges Kriterium für die Frage, ob eine staatseigene Gesellschaft als so staatsfern gilt, dass ihre Schulden nicht dem Staat zugerechnet werden. Die Bundesregierung scheint hier dem dem Modell der österreichischen Asfinag folgen wollen

Neues Privatisierungsfenster im Bundesfernstraßengesetz?

Fragen wirft eine geplante Änderung in §22 des Bundesfernstraßengesetzes auf. Danach wäre das BMVI ermächtigt, die dem Fernstraßen-Bundesamt und der Infrastrukturgesellschaft zugewiesenen Befugnisse und Aufgaben „auf andere Bundesbehörden oder andere vom Bund gegründete Gesellschaften zu übertragen“. Stutzig macht, dass nicht die Formulierung „auf andere bundeseigene Gesellschaften“ gewählt wurde. In der aktuellen Gesetzesfassung ist eine Übertragung lediglich auf andere Behörden erlaubt. In Fachkreisen wird es allerdings auch für möglich gehalten, dass mit der Klausel nur die Übertragung von Aufgaben auf Gesellschaften wie VIFG und Deges gemeint ist. (roe)

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