Statt alle zehn bis 20 Jahre einen „großen Wurf“ zu versuchen, der von den Entwicklungen noch in seiner Aufstellungsphase überholt werde, sei ein „rollierendes System“ in fünfjährigem Abstand sinnvoller, sagte der Verkehrswissenschaftler Prof. Kai Nagel von der TU Berlin.
Martin Vieregg von der Verkehrsberatung Vieregg-Rössler nannte als Beispiel das Wachstum Münchens von 1,3 auf absehbar 1,8 Mio. Einwohner; für den BVWP sei aber wegen des langen Vorlaufs nur ein völlig unzureichendes Projekt Bahnknoten München angemeldet worden. Auch für den Bahnknoten Frankfurt sei offensichtlich, dass die angemeldeten Maßnahmen schon jetzt „auf Kante“ genäht sind.
Christoph Walter von der Verkehrsberatung PTV sieht in einem rollierenden Verfahren die Chance, umfangreichere Modelle durchzurechnen, was im jetzigen BVWP-Verfahren aus Zeitmangel kaum möglich ist. Er bemängelte, dass es in Deutschland „keine Kultur für ex-post-Analysen“ gibt – das mache es schwer, aus möglichen Fehlern abgeschlossener Projekte zu lernen.
Bewältigung prognostizierter Mengen statt verkehrspolitischer Ziele
Aus dem grün-alternativen Spektrum wurde kritisiert, dass der BVWP 2030 nur darauf ausgerichtet sei, das prognostizierte Verkehrswachstum zu bewältigen, statt sich mit der Frage auseinanderzusetzen, welche Ziele Verkehr im Verhältnis zu übergeordneten gesellschaftlichen Zielen verfolgen soll. Der BVWP beschäftige sich nur mit Infrastruktur, nicht mit verkehrspolitischer Gestaltung, bemängelte Imke Steinmeyer von der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt.
Walther verwies auf den Auftrag und räumte ein: „Dass Sie die Klimaziele nicht erreichen, ist logische Folge.“ Dafür müssten andere Instrumente herangezogen werden, zum Beispiel die Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie.
Werner Reh vom Umweltverband BUND bemängelte erneut (siehe hier), dass es im BVWP-Bewertungsprozess zwar Variantenprüfungen innerhalb desselben Verkehrsträgers gegeben habe, aber keine echte verkehrsträgerübergreifende Alternativenprüfung. Deswegen seien viele Straßenprojekte unkritisch in den vordringlichen Bedarf übernommen worden.
Stefan Gerwens vom straßennahen Verband Pro Mobilität zeigte sich aber zuversichtlich, dass die jetzt im BVWP vorgesehenen Investitionen in den Straßenbau nicht verloren seien: Sie sei mit alternativen Antrieben kompatibel, und ob das autonome Fahren mehr oder weniger Kraftfahrzeugverkehr mit sich bringe, sei derzeit nicht seriös abschätzbar. (roe)
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