Neue Runde im Streit um Potenziellen Bedarf

Die Vergabe des Gutachtens zur Bewertung des 740m-Güterzugnetzes erst im April 2016 sei der Tatsache geschuldet, dass die Defnition der Einzelmaßnahmen in diesem Vorhaben „erst aufbauend auf anderen Untersuchungsergebnissen, unter anderem auf der Machbarkeitsstudie zum Deutschlandtakt, erfolgen kann.“ Das schreibt das Ministerium in seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen. Die Machbarkeitsstudie Deutschlandtakt lag allerdings schon im September 2015 öffentlich vor.

Aus der Grünen-Fraktion hieß es, das BMVI hätte die Studie zum Deutschlandtakt schon früher in Auftrag geben können. Viele Teilmaßnahmen für das 740m-Netz könnten im übrigen losgelöst vom Deutschlandtakt bewertet werden. Allianz pro Schiene und der Umweltschutzverband BUND hatten dem BMVI Anfang dieser Woche vorgeworfen, mit schleppender Gutachtenvergabe selbst schuld daran zu sein, dass viele Bahnprojekte noch im „potenziellen Bedarf“ feststecken (siehe hier).

Änderungen am BSWG-Entwurf?

Wie zu hören ist, gibt es fraktionsübergreifend Unbehagen an der jetzigen Formulierung im Gesetzentwurf für das Bundesschienenwegeausbaugesetz (BSWAG), mit der das eventuelle Aufrücken von Projekten aus dem potenziellen in den vordringlichen Bedarf geregelt wird („Sobald diese Projekte die üblichen Kriterien erfüllen, werden sie in den Vordringlichen Bedarf aufgenommen“). Zum einen sei die Klausel „übliche Kriterien“ vage, zum anderen werde damit der Regierung ein „Blankoscheck“ für die Auf- oder Abwertung der Projekte eingeräumt, ohne dass das Parlament entscheiden könne.

BMVI: Kommen Pflichten für SPNV nach

Das BMVI wehrt sich auch gegen den Vorwurf, es behandle Straße und Schiene ungleich, indem es Ortsumgehungen lediglich regional relevanter Bundesstraßen in den BVWP aufnehme, reine SPNV-Projekte aber nicht.

Zum einen komme der Bund seiner Verpflichtung gemäß Bundesschienenwegeausbaugesetz nach, dass mindestens 20 Prozent aller Schienenwegeinvestitionen dem SPNV zugute kommen. Viele BVWP-Projekte würden nur nötig, um trotz steigender SPNV-Zugleistungen noch Fern- und Güterverkehr abwickeln zu können. Das BMVI verweist weiter auf die Mittel gemäß Anlage 8.7. der LuFV II, wonach die Länder jährlich im Durchschnitt 220 Mio. EUR für SPNV-Investitionen erhalten, auf das GVFG-Bundesprogramm (333 Mio EUR/Jahr sowie schließlich die Erhaltungsmittel in der LuFV.

Zum anderen seien die Bundesfernstraßen einschließlich aller Bundesstraßen per gesetzlicher Definition Straßen, „die ein zusammenhängendes Verkehrsnetz bilden und einem weiträumigen Verkehr dienen oder zu dienen bestimmt sind.“ (§1 Bundesfernstraßengesetz). In Grünen-Kreisen hieß es dazu, ein gelbes Bundesstraßenschild impliziere aus BMVI-Sicht offenbar automatisch Fernverkehrsrelevanz. (roe)

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