Das sieht die schon länger angekündigte Novelle der Schiffsbesetzungsverordnung vor, die Ende vergangener Woche verkündet wurde. Danach muss auf Schiffen mit Bruttoraumzahl 8000 oder weniger nur noch der Kapitän Unionsbürger sein, auf größeren Schiffen außerdem einer der nautischen oder technischen Offiziere. Gängige Container-Feederschiffe auf dem Nord-Ostseekanal haben eine etwa doppelt so große BRZ. Bisher waren für Schiffe über 3000 BRZ – das entspricht kleinen Küstenfrachtern – vier Unionsbürger vorgeschrieben. Mit EU-Bürgern gleichgestellt sind Bürger des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR). Gänzlich gestrichen wurde die Vorgabe, auf größeren Schiffen einen Schiffsmechaniker zu beschäftigen. Dieser war – weil es diese Ausbilung faktisch nur in Deutschland gibt – fast zwangsläufig EU-Bürger.
Die Verordnung sieht ferner vor, dass der Kapitän – sofern er kein deutsches Patent hat – seine Kenntnisse der nationalen Vorschriften auch in einem Fernlehrgang erwerben kann.
Erstmals im deutschen Recht präzise verankert werden die Regeln des STCW-Übereinkommen für den Wachdienst (Standards of Training, Certification and Watchkeeping for Seafarers).
Die Neuregelung ist bis zum 30. Juni 2021 befristet. Im letzten Jahr der Gültigkeit sollen die Auswirkungen evaluiert werden.
Bundesregierung und Reederverband VDR erwarten sich von der Änderung eine Entlastung bei den Personalkosten für deutsch geflaggte Schiffe und hoffen, dass zusammen mit dem erhöhten Lohnsteuereinbehalt die Attraktivität der deutschen Flagge steigt. Sie ist Teil einer Vereinbarung zwischen BMVI und VDR aus dem vergangenen Dezember (siehe hier)
Die Gewerkschaft Verdi hingegen kritisiert, dass die Neuregelung faktisch das Aus für den Ausbildungsberuf des Schiffsmechanikers bedeutet und weitere deutsche Seeleute durch billigere Arbeitskräfte aus dem Ausland ersetzt werden.
Von einem „schwarzen Tag für die deutsche Seeeschifffahrt spricht der Linken-Verkehrsexperte Herbert Behrens. „Die deutschen Seeleute werden in Zukunft noch weniger Chancen haben, eine ordentlich bezahlte Arbeit auf See zu finden“, erklärte er gegenüber dem Verkehrsbrief. Die neue Schiffsbesetzungsverordnung sei eine 1:1-Umsetzung der Forderungen der Reeder. „Und die setzen ausschließlich auf weitere Kostensenkung zu Lasten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.“ Verbindliche Zusagen für einen Aufbau von Beschäftigung als Gegenleistung gebe es nicht. (roe)