- Fratzscher: ÖPP pragmatisch abwägen
- Vorbild Asfinag?
Die Auftragsverwaltung der Bundesfernstraßen durch die Länder wird in absehbarer Zeit abgeschafft und durch eine auf Bundesebene angesiedelte Verkehrsinfrastrukturgesellschaft ersetzt. Einen diesbezüglichen Konsens ließen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel am Dienstag auf dem Investitionskongress des BMWi deutlich durchblicken.

Schäuble stellte in Aussicht, dass schon im Zuge der Gespräche zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen die Grundzüge der Gesellschaft festgezurrt werden können. „Wir werden das in freundschaftlicher Art mit den Ländern besprechen“, sagte er.
Schon zuvor hatte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt im Gespräch mit der Welt entsprechende Pläne angekündigt. „Wir besprechen den Gedanken einer Infrastrukturgesellschaft gerade mit dem Finanzministerium“, sagte Dobrindt dem Blatt zufolge. „Über das Grundprinzip sind wir uns einig: Wir wollen eine staatliche Gesellschaft, die private Finanzierungen in Anspruch nehmen kann.“
Auch von Länderseite ist kein grundsätzliches Nein zu erwarten, wie aus verschiedenen Äußerungen von Ländervertretern am Rande der Verkehrsministerkonferenz am vergangenen Freitag deutlich wurde. Für den Umbau der Straßenbauverwaltung ist eine Grundgesetzänderung und damit auch eine 2/3-Mehrheit im Bundesrat erforderlich.
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer betonte auf dem Kongress, sie sei offen „für alle Vorschläge“, aber nicht für Modelle, bei denen die Länder neue Lasten aufgebürdet werden, etwa in Form von Abstufungen von Bundesstraßen. „Wir haben vor 30 Jahren Brücken übernommen, und jetzt wissen wir nicht, wie wir sie bezahlen sollen.“
Fratzscher: ÖPP pragmatisch abwägen
Ob es auch für die Inanspruchnahme privater Finanzierung durch die Verkehrsinfrastrukturgesellschaft eine politischen Konsens gibt, blieb auf dem Kongress offen. Das wurde am Thema ÖPP deutlich. Gabriel räumte ein, dass es ÖPP gibt, die schlecht laufen. Nötig sei deshalb eine sorgfältige Betrachtung jedes Einzelfalls.
Marcel Fratzscher, DIW-Präsident und Vorsitzender der vom BMWi berufenen Investitions-Expertenkommission, betonte, es sei bei der Arbeit der Kommission nicht darum gegangen, öffentliche Infrastruktur zu privatisieren oder der öffentlichen Hand zu entziehen. Auch sei es nicht ihre Aufgabe gewesen, die „Unsicherheit bei der Altersvorsorge“ aufgrund der Niedrigzinsphase zu lösen. Vielmehr sei es darum gegangen, der öffentlichen Hand mehr Handlungsoptionen zu eröffnen, ihre Investitionen umzusetzen. Dabei seien zu betrachten:
- Zinskosten
- Effizienz
- Risiken
Bei der Beschaffung sei abzuwägen, ob die Zinsnachteile für einen privaten Investor durch mögliche Effizienzvorteile und die Übernahme von Risiken ausgeglichen werden.
Vorbild Asfinag?
Auf dem Kongress wurde auch wieder die österreichische Autobahngesellschaft Asfinag als mögliches Vorbild vorgestellt. In ihre Zuständigkeit fallen allerdings nur Autobahnen und autobahnähnliche Schnellstraßen. Alle landstraßenartigen Bundesstraßen wurden dort 2002 den Ländern übertragen. Die Asfinag kann am Kapitalmarkt Anleihen aufnehmen, für die der Staat bürgt. Für diese Staatsgarantie müsse die Asfinag aber Gebühren an den Staat zahlen, betonte Vorstandsdirektor Alois Schedl. Derzeit betrage der Schuldenstand 11,5 Mrd. EUR bei einem Durchschnittszinssatz von 3,1 Prozent. Theoretisch könnten die Schulden durch die Mauteinnahmen in rund 20 Jahren getilgt werden. Es gilt allerdings als offenes Geheimnis, dass Österreich die Asfinag auch gegründet hat, um einen Teil der Staatsschulden in einen Schattenhaushalt auszugliedern und so die Maastricht-Kriterien zu erfüllen. (roe)