- Verdi: Koalitionslösung nicht rechtssicher
- Fahrerinitiative: Bundesratslösung auch nicht rechtssicher
- Polizei: EuGH-Urteil ersetzt kein Gesetz
- BGL skizziert große Lösung
Im Kampf gegen das „moderne Nomadentum“ von Lkw-Fahrern ist keine Konsenslösung erkennbar. Weder die Formulierung des Bundesrates noch der endlich vorliegende Vorschlag der Koalitionsfraktionen finden ungeteilte Zustimmung von Experten. Die Regierungsfraktion wollen in einer Änderung des Fahrpersonalgesetzes klarstellen, dass die regelmäßige Wochenruhezeit nicht in der Fahrerkabine „oder an einem Ort ohne geeignete Schlafmöglichkeit“ verbracht wird.
Verdi: Koalitionslösung nicht rechtssicher
In einer Anhörung des Bundestags-Verkehrsausschusses am Montag bezeichnete Ralph Werner von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi diese Formulierung für zu vage. „Geeignete Schlafmöglichkeit“ könne alles zwischen Zelt und Viersternehotel sein. „Das wäre eine Steilvorlage für Rechtsstreite.“
Die Koalitionsfraktionen sehen den Vorteil ihrer Lösung darin, dass sie europarechtlich unbedenklich ist, weil sie lediglich eine Regelungslücke der EU-Verordnung 561/2006 im Umkehrschluss klarstellt. Art. 8 Abs. 8 sieht vor, dass die „verkürzte“ wöchentliche Ruhezeit (nicht die „regelmäßige“) im Fahrzeug verbracht werden darf, sofern eine geeignete Schlafmöglichkeit vorhanden ist.
Fahrerinitiative: Bundesratslösung auch nicht rechtssicher
Der Bundesrat will hingegen den Unternehmern vorschreiben lassen, „die Arbeit der Fahrer so zu organisieren, dass das Fahrpersonal die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit am jeweiligen eigenen Wohnort des Fahrers oder am Ort des Unternehmenssitzes und dort in einer festen Unterkunft mit geeigneten Sanitäreinrichtungen und ausreichenden Versorgungsmöglichkeiten verbringen kann.“ Davon soll mit Zustimmung des Fahrers abgewichen werden können.
Udo Skoppeck von der Fahrerinitiative „Actie in de Transport“ hält diese Lösung zwar für „schön“, befürchtet aber, dass sie als nicht europarechts-konform kassiert wird.
Dirk Engelhardt vom Güterkraftverkehrsverband BGL erwartet, dass die „kann“-Ausnahmeklausel zur Regel wird. „Schließlich könnten gebietsfremde Fahrer jeweils erklären, das sie die angebotene Möglichkeit nicht nutzen wollen.“
Polizei: EuGH-Urteil ersetzt kein Gesetz
Thomas Fiala vom Polizeipräsidium Köln widersprach der Erwartung des Grünen-Verkehrsexperten Stephan Kühn, das in Kürze anstehende Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu den Wochenruhezeiten (siehe hier) würde eine Gesetzesänderung obsolet machen. Um Verstöße gegen die Ruhezeit ahnden zu können, benötige er eine Gesetzesgrundlage, betonte Fiala.
BGL skizziert große Lösung
Um das gegenwärtige Patt zwischen Ost- und Westeuropäern auf EU-Ebene aufzulösen, sprach sich Engelhardt dafür, den Osteuropäern längere Rundläufe über zwei bis drei verkürzte Ruhezeiten in Folge zu ermöglichen und im Gegenzug verlängerte Wochenruhezeiten mit Heimfahrten der Fahrer vorzuschreiben. (roe)