Der DGB will eine andere Autobahngesellschaft

  • Sorge um Investitionshochlauf
  • Privatisierungsbremse schärfer anziehen
  • Personalüberleitung wird knifflig
  • Sonderrisiko Opt-Out

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) liegt mit seinen Vorstellungen von einer idealen Bundesautobahngesellschaft überraschend nahe am Modell der „schlanken Managementgesellschaft“ des Deutschen Verkehrsforums.

In einer am Donnerstag auf einem Workshop in Berlin vorgestellten Resolution spricht sich der Gewerkschaftsdachverband gegen eine „zentralistische Mammutorganisation“ aus, wie sie derzeit geplant sei. „Wir glauben, dass damit regionale Kompetenz verloren geht“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell.

Sorge um Investitionshochlauf

Nach seiner Überzeugung wird der Umbau die Mitarbeiter der Straßenbauverwaltungen über zwei Legislaturperioden beschäftigen und so dem Investitionshochlauf im Wege stehen. Der DGB plädiert dafür, die Kompetenzen für Planung, Bau, Erhalt und Betrieb der Bundesfernstraßen bei den Landesstraßenbauverwaltungen zu belassen, sie aber von der Infrastrukturgesellschaft des Bundes als Projektträger einzusetzen. „Die Verkehrsinfrastrukturgesellschaft kann als Funktionsebene zwischen Bundesministerium und Auftragsverwaltung der Länder fungieren und zentrale Management- und Finanzierungsaufgaben übernehmen.“

Wenig überrraschend hatte der DGB als Kronzeugen für seinen Vorschlag Kurt Bodewig eingeladen. Die Bodewig-II-Kommission hatte das Modell der „Auftragsverantwortung“ entwickelt, das ebenfalls ein Besteller-Ersteller-Verhältnis zwischen Bund und Ländern vorsieht.

Auch Bodewig befürchtet bis mindestens 2022 massive „Leistungsstörungen“ im Straßenbau durch die jetzt vorgesehene Überleitung von Mitarbeitern, Material und Aufgaben an den Bund. Aus seiner Erfahrung heraus bezweifle er, ob in dieser Zeit nicht verbaute Straßenbaumittel wiederholt in folgende Haushaltsjahre weitergeschoben werden können oder ob sie die Haushälter nicht doch wieder einsammeln.

Privatisierungsbremse schärfer anziehen

Falls die umfassende Autobahngesellschaft nicht verhindert werden kann, fordert der DGB deutliche Nachbesserungen:

  • Ausschluss von Privatbeteiligungen auch an den Regionalgesellschaften und in Form stiller Beteiligungen
  • Auschluss von ÖPP
  • Verbot einer Gründungsverschuldung
  • Als Gesellschaftsform möglichst Anstalt öffentlichen Rechts
Personalüberleitung wird knifflig

Die Risiken beim Personalübergang auf den Bund thematisierte Frank Hollweg von Straßen NRW, zugleich Sprecher der Verdi-Bundesfachkommission Straßenbauverwaltung. Zwar sehe der Tarifvertrag des Bundes (TVöD-Bund) gegenüber den Ländern im Grundsatz höhere Entgelte vor. Es gebe in den Ländern aber teilweise günstigere Arbeitszeitregelungen. Nach seiner Einschätzung ist auch noch nicht gesichert, dass die Mitarbeiter übertarifliche Zulagen „mitnehmen“ können und sie nicht abgeschmolzen werden.

Hollweg wies darauf hin, dass im TVöD-Bund auch noch keine Eingruppierungsmerkmale für den Straßenbetriebsdienst existieren. Am Rande der Veranstaltung war zu hören, dass in der bayerischen Straßenbauverwaltung teilweise Entgelte über Bundesniveau gezahlt werden sollen.

Um solche Ungewissheiten möglichst schnell zu klären, forderte Hollweg einen Überleitungstarifvertrag und das möglichst auch gesetzlich als Vorbedingung zu verankern.

Sonderrisiko Opt-Out

Extrem hohes Risiken für die Funktionsfähigkeit des Landesstraßenbauverwaltungen sieht Hollweg bei einem Herausoptieren der Bundesstraßen. Er wies auf die enge Verflechtung von Betriebsdienst für Bundes-, Landes- und teilweise Kreisstraßen hin. „Opt-Out würde die Verwaltung völlig zerreißen.“ (roe)

Externer Link: Beschluss des DGB-Bundesvorstandes vom 28.2.2017

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