- Länder halten SPNV-Trassenpreisbremse für unwirksam
- VDV bemängelt bürokratischen Overkill für kleine Infrastrukturbetreiber
- Private Güterbahnen: Infrastruktur weiterhin nicht konzernunabhängig
- „Besser alle Nutzer gleichmäßig mehr belasten“
- Risiko der Infrastrukturverlotterung nicht ausgeräumt
Der Entwurf für das neue Eisenbahnregulierungsgesetz (siehe hier) ist in der Verkehrs- und Bahnbranche mit Skepsis aufgenommen worden. Einhellig kritisiert wird der hohe bürokratische Aufwand für die Unternehmen. Bezweifelt wird das Funktionieren der „Trassenpreisbremse“ für den SPNV, teilweise wird auch ihre Sinnhaftigkeit in Frage gestellt.
Länder halten SPNV-Trassenpreisbremse für unwirksam
Kathrin Schneider, brandenburgische Verkehrsministerin und zugleich Vorsitzende des Eisenbahninfrastrukturbeirates des Bundes, erkennt nicht, dass im Gesetzentwurf die Zusage des Bundes eingelöst wurde, den Anstieg der Infrastrukturentgelte zu dämpfen und an die Dynamisierung der Regionalisierungsmittel anzupassen. So bestehe die Gefahr, dass die Infrastrukturentgelte in den kommenden Jahren so steigen wie bisher und der SPNV-Abbestellungen erzwängen. „Insoweit fordern die Ländervertreter im Eisenbahninfrastrukturbeirat den Bund auf, nachzubessern“, sagte Schneider nach einer Sitzung des Gremiums am Dienstag in Berlin.
VDV bemängelt bürokratischen Overkill für kleine Infrastrukturbetreiber
Kritisiert wird der hohe bürokratische Aufwand auch für kleine Infrastrukturbetreiber. Der europäische Rechtsrahmen (Recast des 1. Eisenbahnpakets), der mit dem ERegG national umgesetzt werden soll, sei im Kern auf die Bändigung der Staatsbahnen ausgelegt, überfordere aber die NE-Bahnen, erläuterte ein VDV-Sprecher. Auch der VDV glaubt nicht an die Wirksamkeit der SPNV-Trassenpreisbremse.
Private Güterbahnen: Infrastruktur weiterhin nicht konzernunabhängig
Das Netzwerk Europäischer Bahnen (NEE), in dem Wettbewerbsbahnen aus dem Güterverkehr vereint sind, kritisierte, dass die Unabhängigkeit der Infrastrukturbetreiber von den Verkehrsunternehmen in integrierten Unternehmen wie der DB nicht wirklich gewährleistet sei. So habe die Konzernleitung immer noch Mitsprachemöglichkeit bei Investitionsentscheidungen. NEE-Geschäftsführer Peter Westenberger verwies als Beispiel auf Aussagen der DB, dass über den Ausbau von Rangierbahnhöfen erst entschieden werde, wenn Klarheit über den künftigen Kurs von DB Cargo bestehe. Westenberger kritisierte weiter, dass den Infrastrukturbetreibern eine „angemessene Rendite“ zugebilligt werde, selbst wenn die Infrastruktur zu einem Großteil aus Steuermitteln bezahlt werde. „Hier bekommen die Unternehmen das Beste aus zwei Welten“, sagte er.
SPNV-Trassenpreisbremse geht auf Kosten anderer Nutzer
Das NEE befürchtet außerdem, dass die Trassenpreisbremse für den SPNV dazu führen könne, dass der Güter- und Personenfernverkehr übermäßig belastet werden und dann gegenüber anderen Verkehrsträgern weiter ins Hintertreffen geraten.
„Besser alle Nutzer gleichmäßig mehr belasten“
Ein unabhängiger Experte äußerte im Gespräch mit dem Verkehrsbrief die Einschätzung, dass jeglicher Versuch zum Scheitern verurteilt sei, den Anstieg der Infrastrukturentgelte für einzelne Marktsegmente zu begrenzen. Besser sei es, alle Marktsegmente gleichmäßig mehr zu belasten, wenn schon Preissteigerungen unvermeidlich seien. Übergeordnetes Ziel der Bahnpolitik müsse müsse es aber sein, mehr Verkehrsleistung auf die Schiene zu bringen, um so die hohen Fixkosten der Infrastruktur auf mehr Nutzer verteilen zu können.
Risiko der Infrastrukturverlotterung nicht ausgeräumt
Ein weiterer Branchenkenner warnte vor Fehlanreizen zum Unterlassen von Investitionen. Der „bürokratisch-mathematische Regulierungsansatz“ könne dazu führen, dass Investitionen – auch im Erhalt! – unterbleiben, wenn der Infrastrukturbetreiber keine Chance sieht, seine Ausgaben zu amortisieren. Dafür gebe es Beispiele aus Großbritannien oder der Ära Mehdorn. Möglicherweise sei es sinnvoller, die Bundesnetzagentur wie bisher Trassenpreise individuell prüfen zu lassen. (roe)
Grundsätzlich lehne ich eine umfassendere Regulierung nicht ab. Jedoch werden mit dem neuen Eisenbahnregulierungsgesetz entgegen der Intention des zur Kontrolle der ehemaligen Staatsbahnen beschlossenen EU-Rechtes besonders kleinere Eisenbahninfrastrukturunternehmen in ihrer Handlungsfähigkeit erheblich beschränkt, wobei gerade hier eine Liberalisierung erforderlich wäre. Definitiv besteht bei einer kleineren Nebenbahnlinie keine nennenswerte Beeinträchtigung des Wettbewerbes. Möge der Bundesrat den Gesetzesentwurf ablehnen.