Die 2016 gestarteten Bestrebungen Polens, die Oder wieder für die Güterschifffahrt nutzbar zu machen, sind offenbar weitgehend eingeschlafen. Von der Website des zuständigen Ministeriums für Meereswirtschaft und Binnenschifffahrt (MGMiZS) sind sämtliche Informationen zu diesem Thema verschwunden. Bereits im März ist der aus Zielona Gora/Grünberg stammende Staatssekretär Jerzy Materna , der das Vorhaben ins Leben gerufen hatte, im Zuge einer Kabinettsverschlankung entlassen worden. Aus dem BMVI war allerdings schon vorher zu hören, dass den lautstarken Ankündigungen der polnischen Seite keine Kontaktaufnahme zu deutschen Stellen gefolgt waren.
Materna hatte 2016 angekündigt, eine Machbarkeitsstudie auszuschreiben, wie die Oder für Schiffe der polnischen Klasse IV – das entspricht grob dem Europaschiff – ertüchtigt werden kann (siehe hier und hier). Expertenschätzungen zufolge müssen dafür im polnischen Binnenland 14 Staustufen modernisiert und 20 neu gebaut werden – für umgerechnet rund 2,4 Mrd. EUR. Für weitere acht Staustufen an der Oder zur Grenze mit Deutschland seien weitere 1,1 Mrd. EUR erforderlich.
In diesem Jahr soll der Bau von Staustufen in Scinawa und Lubiaz – nördlich von Legnica/Liegnitz – beginnen. Hauptzweck dieser Staustufen ist aber laut polnischen Medienberichten, das Sinken des Grundwasserspiegels durch Flusserosion zu stoppen.
BMVI und Bundesumweltministerium hingegen wollen die Oder als Nebenwasserstraße im Zuge des Projekts „Blaues Band Deutschland“ zu einem naturnahen Strom entwickeln. Das 2015 verabschiedete Grenzabkommen mit Polen sieht vor, die Oder nur soweit schiffbar zu erhalten, wie es für den Einsatz der Eisbrecher erforderlich ist.
Nicht betroffen von dieser Diskussion ist die Hohensaaten-Friedrichsthaler Wasserstraße, die kanalartig am Westufer des unteren Odertals verläuft und Teil der Havel-Oder-Wasserstraße ist. (roe)