Bundesrichter geben grünes Licht für Diesel-Fahrverbote

Das Bundesverwaltungsgericht hat am Dienstag den Weg für Diesel-Fahrverbote grundsätzlich freigemacht, zugleich aber auch Grenzen gezogen. Die Argumentation der Länder Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen, dass über die Umweltplakettenregelung (35. BImSchV) hinaus keine Einschränkungen zulässig, verwarf das Gericht. In diesem Fall gehe das Unionsrecht zur maximal zulässigen Stickoxid-Belastung der Luft vor.

„Mit Blick auf die unionsrechtliche Verpflichtung zur schnellstmöglichen Einhaltung der NO-Grenzwerte ergibt sich jedoch aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, dass nationales Recht, dessen unionsrechtskonforme Auslegung nicht möglich ist, unangewendet bleiben muss, wenn dies für die volle Wirksamkeit des Unionsrechts erforderlich ist“, teilte das Gericht mit. Die Plakettenregelung müsse zurückstehen, „wenn ein Verkehrsverbot für Diesel-Kraftfahrzeuge sich als die einzig geeignete Maßnahme erweist, den Zeitraum einer Nichteinhaltung der NO-Grenzwerte so kurz wie möglich zu halten.“

Ausdrücklich stellen die Richter fest, dass die Straßenverkehrsordnung schon jetzt ermöglicht, sowohl zonale als auch streckenbezogene Verkehrsverbote für Diesel-Kraftfahrzeuge auszuschildern. Anders als eine Plakettenregelung seien sie zwar schwerer zu kontrollieren, aber das führe nicht zur Rechtswidrigkeit.

Im Fall Stuttgart blieben die Bundesrichter hinter den Forderungen ihrer Stuttgarter Kollegen zurück. Das Verwaltungsgericht hatte ein Fahrverbot für alle Diesel schlechter als Euro 6 und alle Benziner schlechter als Euro 3 gefordert.

Das Bundesverwaltungsgericht sprach sich nun unter Berufung auf die Verhältnismäßigkeit für eine phasenweise Einführung von Verkehrsverboten der Umweltzone Stuttgart aus. In einer ersten Stufe sei zu prüfen, nur ältere Fahrzeuge – „etwa bis zur Abgasnorm Euro 4“ – auszusperren. Euro-5-Fahrzeuge dürfen aus diesem Grund nicht vor dem 1. September 2019 – vier Jahre nach Einführung von Euro 6 – mit Verkehrsverboten belegt werden. Außerdem müssten Ausnahmen zum Beispiel für Handwerkerfahrzeuge oder bestimmte Anwohnergruppen geschaffen werden.

Im Fall Düsseldorf verlangt das Bundesverwaltungsgericht, dass das Land noch einmal ernsthaft prüfen müss, ob die von Dieselfahrzeugen ausgehenden Emissionen begrenzt werden können. „Ergibt sich bei der Prüfung, dass sich Verkehrsverbote für Diesel-Kraftfahrzeuge als die einzig geeigneten Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung überschrittener NO-Grenzwerte darstellen, sind diese – unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit – in Betracht zu ziehen.“

Die schriftliche Urteilsbegründung wird nach aller Erfahrung in drei bis fünf Wochen veröffentlicht.

Aktenzeichen:

  • BVerwG 7 C 26.16 – Urteil vom 27. Februar 2018 (Düsseldorf)
  • BVerwG 7 C 30.17 – Urteil vom 27. Februar 2018 (Stuttgart)

Externer Link: Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts