Berlin stellt Entwurf für „Mobilitätsgesetz“ vor

  • Vorrang für Umweltverbund
  • Busspuren bleiben tabu
  • Treibende Kraft reagiert positiv

Die Berliner Verkehrsverwaltung will ein Verbandsklagerecht auf Verkehrssicherheit einführen. Das geht aus dem Referentenentwurf für das Mobilitätsgesetz hervor, der am Freitag von Umwelt- und Verkehrssenatorin Renate Günther vorgestellt wurde. Das Mobilitätsgesetz soll nach dem Wunsch der rot-rot-grünen Landesregierung den gesetzlichen Rahmen für die Verkehrswende schaffen und zugleich den Maximalforderungen der Bürgerinitiative Volksentscheid Fahrrad soweit entgegenkommen, dass eine Volksabstimmung vermieden wird. Einige Protagonisten hoffen, dass es auch als Blaupuse für andere Ballungsräume dient.

Laut Gesetzentwurf dürfen die Verbände klagen,

  • wenn im Verkehrssicherheitsprogramm keine geeigneten Maßnahmen nach wiederholten schweren Unfällen und zur Schulwegsicherheit bei konkreten Gefährdungen vorgesehen sind;
  • wenn nicht nach jedem Unfall mit getöteten oder schwerverletzten Radfahrern an einem Knotenpunkt oder Unfallschwerpunkten von den zuständigen Stellen unverzüglich geprüft wird, wie weiteren Unfällen vorgebeugt werden kann.

Klageberechtigt sind Verbände, die nach ihrer Satzung „vorwiegend Ziele des Umweltschutzes oder der unmotorisiert am Verkehr Teilnehmenden fördern“.

Vorrang für Umweltverbund

Ein wesentlicher Punkt ist, dass der Umweltverbund (Fußgänger, Radverkehr, ÖPNV) bei allen Entscheidungen über Nutzung von Verkehrswegen und Flächen Vorrang hat – immer unter der Einschränkung „im Rahmen des geltenden Rechts“. Für den ÖPNV soll ein „Vorrangnetz“ definiert werden, wo der Straßenverkehrsraum zugunsten des ÖPNV zu gestalten ist. Das umfasst insbesondere die Einrichtung von Busspuren und eigenen Straßenbahngleiskörpern, von an den Fahrspurrand vorgezogenen Haltestellen („Haltestellenkaps) und die Ampelbeeinflussung.

In ähnlicher Weise soll bis 2030 ein Radverkehrsnetz entstehen, das die Hauptverkehrsrelationen abdeckt und keine radweglosen Lücken hat. Ein Teil des Radverkehrsnetzes soll als Vorrangnetz ausgewiesen werden. Dort sollen nicht nur die Radwege über den Standard hinaus ausgebaut worden, sondern auch die Ampeln Lichtzeichenanlagen für den Radverkehr koordiniert werden. „Dabei soll insbesondere geprüft werden, ob eine Grüne Welle oder ein anderer Vorrang gegenüber anderen Straßen eingerichtet werden kann.“

Busspuren bleiben tabu

Dem Wunsch des Bundes, Elektroautos durch die Freigabe von Busspuren zu privilegieren, erteilt Berlin erneut eine Absage. Die gemeinsame Nutzung der ÖPNV-Fahrwege mit Car Sharing- und/oder Elektrofahrzeugen oder anderen Verkehrsmitteln des motorisierten Individualverkehrs ist auszuschließen“, heißt es.

Treibende Kraft reagiert positiv

Die Bürgerinitiative Volksentscheid Fahrrad begrüßte den Gesetzentwurf. 80 bis 90 Prozent der Inhalte des ursprünglichen Radgesetz-Entwurfs des Volksentscheids Fahrrad seien übernommen worden. Es seien aber jetzt noch klare Zielvorgaben und Zeithorizonte zu verhandeln.

„Wir werden jetzt Qualitäten, Mengen und Jahresziele ausverhandeln und die rot-rot-grüne Koalition dabei unterstützen, das gemeinsame Ergebnis gegen die Autolobby zu verteidigen und bis zum 14.12.2017 zur Abstimmung im Abgeordnetenhaus zu bringen”, erläuterte Denis Petri vom Volksentscheid Fahrrad.

Externer Link: Referentenentwurf Mobilitätsgesetz Berlin