Gericht: Software-Updates für Diesel ersetzen kein Fahrverbot

  • Fahrverbot auch ohne Blaue Plakette möglich
  • Dobrindt hält Software-Updates trotzdem für richtig

Das Verwaltungsgericht Stuttgart erteilt im Streit um den Luftreinhalteplan für die Landeshauptstadt der Software-Nachrüstung von Diesel-Pkw eine Absage und fordert Fahrverbote ab 1. Januar 2018. Der Kläger – die Deutsche Umwelthilfe (DUH) – habe Anspruch auf eine Fortschreibung des Luftreinhalteplans (LRP), die eine „schnellstmögliche“ Einhaltung der Luftbelastungs-Grenzwerte ermögliche, gab das Gericht am Freitag bekannt (Az.: 13 K 5412/15). In der Abwägung zwischen der Gesundheit der Bürger einerseits und den Interessen der Kfz-Fahrer und -Halter andererseits sei es nicht zulässig, ein sofort erforderliches und mögliches Verkehrsverbot zugunsten einer Nachrüstlösung auf einen erheblich späteren Zeitpunkt zu verschieben. Das Land hatte im LRP den 1. Januar 2020 vorgeschlagen.

Mangel der Nachrüstlösung ist nach Ansicht des Gerichts weiter, dass das Land die Software-Nachrüstung nicht als verbindliche Maßnahme in den LRP aufnehmen kann. Sie sei schon deshalb keine Alternative. Außerdem bringe sie selbst bei den optimistischen Annahmen im LRP nur 9 Prozent Imissionsminderung. „ Dies bedeutet, dass die „Nachrüstlösung“ selbst dann nicht zur Einhaltung der zulässigen Stickstoffdioxid-Immissionsgrenzwerte in der Umweltzone Stuttgart führen könnte, wenn bis zum Jahr 2020 ausnahmslos alle nachrüstbaren Diesel-Kraftfahrzeuge auch tatsächlich nachgerüstet und hierdurch bei jedem nachgerüsteten Kraftfahrzeug die schädlichen Abgasemissionen halbiert würden.“

Fahrverbot auch ohne Blaue Plakette möglich

Als einzige schnellstmöglich und effektiv wirkende Maßnahme ist laut Gericht das vom Land unter dem Stichwort „Blaue Umweltzone ab 1. Januar 2020“ beschriebene ganzjährige Fahrverbot für die gesamte Umweltzone anzusehen (Maßnahme M1, siehe auch hier). Es müsste aber schon zum 1. Januar 2018 eingeführt werden. Verboten wären danach Benziner schlechter als Euro 3 sowie Diesel-Kfz schlechter als Euro 6/VI.

Das Argument, dass es noch keine blaue Plakette für dieses Fahrverbot gibt, lässt das Gericht nicht gelten. Die Aufzählung der Zusatzzeichen in der Straßenverkehrsordnung (StVO) sei nicht abschließend, deshalb sei das Land rechtlich befugt und verpflichtet, das notwendige Zusatzzeichen selbst zu gestalten. „Auch in Bezug auf den hier notwendigen Textumfang, mit dem eine Freistellung vom Verkehrsverbot für Dieselfahrzeuge Euro 6 und sonstige Kraftfahrzeuge (Kraftfahrzeuge mit Ottomotoren) ab Euro 3 geregelt werden müsste, bestehen keine rechtlichen Bedenken.“

Die schriftliche Urteilsbegründung soll im August veröffentlicht werden. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat das Gericht die Berufung zum Landes-Verwaltungsgerichtshof in Mannheim und Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.

Dobrindt hält Software-Updates trotzdem für richtig

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt kündigte am Freitag vor Journalisten in Berlin an, die schriftliche Begründung des „komplexen“ Urteils abwarten zu wollen, bevor er sie bewertet. Trotz der Absage des Gerichts im Fall Stuttgart plädierte er dafür, die Software-Nachrüstung ernsthaft zu prüfen. „Die Frage ‚Reicht das?‘ kann ich verstehen – aber nicht die Frage ‚Bringt es etwas?‘.“ Software-Updates seien die einzige Möglichkeit, schnell den NOx-Ausstoß zu verringern.

Ausdrücklich warnte Dobrindt davor, auf die Blaue Plakette zu setzen und anzunehmen, mit ihrer Einführung werde alles „gut“. Sie sei ein allgemeines Fahrverbot für ältere Diesel, dessen müsse man sich stets bewusst sein. „Eine Plakette verändert nicht das Abgasverhalten eines Autos.“

Es sei ein „Strauß von Maßnahmen“ notwendig, um die Stickoxidbelastung zu senken. Ein Ansatzpunkt sei die Umstellung der innerstädtischen Vielfahrerflotten auf umweltfreundliche Antriebe. Aber auch die Städte müssten ihren Beitrag leisten, indem sie den Verkehr verflüssigten. (roe)

Externe Links:

Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Stuttgart zum Urteil

Entwurf Luftreinhalteplan Stuttgart Mai 2017