- Gegenargumente von Naturschützern und Grünen zurückgewiesen
- Hamburg erleichtert, Wirtschaft noch nicht
- Grüne und Naturschützer feiern Teilsieg
Die Elbvertiefung verzögert sich erneut. Das Bundesverwaltungsgericht gab am Donnerstag grundsätzlich grünes Licht für die beiden Planfeststellungsbeschlüsse für die sogenannte „Bundesstrecke“ und die Hamburger „Delegationsstrecke), fordert aber Nachbesserungen. Geklagt hatten die Naturschutzverbände BUND und NABU.
Laut Entscheidung muss zum einen die Verträglichkeitsprüfung für den nur an der Elbe vorkommenden Schierlings-Wasserfenchel verfeinert werden. „Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Beeinträchtigungen des Schierlings-Wasserfenchels durch einen vorhabenbedingten Anstieg des Salzgehalts unterschätzt worden sind“, heißt es in einer Mitteilung des Gerichts.
Zum anderen bemängelt das Gericht, dass – vereinfacht ausgedrückt – der auf niedersächsischem Gebiet vorgesehene Naturschutz-Ausgleich nicht über Naturschutzmaßnahmen hinausgeht, die unabhängig von dem Ausbauvorhaben ohnehin ergriffen werden müssen. Die Herstellung des Flachwassergebietes „Spadenlander Busch/Kreetsand“ war ursprünglich mit dem Ziel einer Tiden-Entschleunigung begründet worden. Eine Doppelverwertung sei habitatschutzrechtlich unzulässig. „Diese Mängel können aber geheilt werden und führen daher nicht zur Aufhebung der Planfeststellungsbeschlüsse“, betont das Gericht.
Gegenargumente von Naturschützern und Grünen zurückgewiesen
Ausdrücklich stellt das Gericht fest, dass das Vorhaben planerisch gerechtfertigt ist und die Planfeststellungsbehörden angesichts der Entwicklung der Schiffsgrößen von einem entsprechenden Verkehrsbedarf ausgehen dürfen. Auch hätten sich die Vorhabenträger nicht aus Naturschutzgründen auf großräumige Alternativen wie eine Hafenkooperation – zum Beispiel mit dem Jade-Weser-Port – verweisen lassen müssen. „Das Vorhaben verstößt auch weder gegen das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot noch läuft es dem Verbesserungsgebot zuwider.“
Die vollständige Urteilsbegründung wird das Gericht in einigen Wochen veröffentlichen (Aktenzeichen: BVerwG 7 A 2.15)
Hamburg erleichtert, Wirtschaft noch nicht
Hamburgs Wirtschafts- und Verkehrssenator Frank Horch zeigte sich erleichtert: „Wir haben jetzt endlich Rechtssicherheit“, er hervor. „Doch auch wenn wir jetzt wegen gestiegener Anforderungen des Umweltrechts abermals die Genehmigungsgrundlagen ergänzen müssen, gibt es keinen Zweifel daran, dass die Fahrrinnenanpassung kommen wird.“ Leider koste die heutige Entscheidung noch einmal Zeit.
Die neuerliche Verzögerung beklagen auch mehrere Wirtschaftsverbände. „Die Politik muss dafür sorgen, dass wichtige Infrastrukturprojekte schneller zustande kommen“, erklärte Frank Dreeke, Präsident des Seehafenverbandes ZDS. „Mit Verfahren, die über 15 Jahre dauern, verspielen wir unsere Wettbewerbsvorteile. Die Europäische Union, Bund und Länder müssen das Planungs- und Umweltrecht reformieren.“
In dieselbe Kerbe hieben Willem van der Schalk, Vizepräsident des Speditionsverbandes DSLV, und Carsten Taucke, Vorsitzender des Verkehrsausschusses des Großhandelsverbandes BGA. „Es ist offensichtlich, dass das deutsche Planungsrecht und insbesondere das Verbandsklagerecht einer Korrektur bedarf, da es inzwischen zu einem reinen Blockadeinstrument gegen Infrastrukturvorhaben geworden ist“, erklärte van der Schalk. Vollends unbeherrschbar würden Infrastrukturprojekte dann, wenn handwerklich schlecht gemachte Vorschriften wie die EU-Wasserrahmenrichtlinie hinzukommen, die in der Praxis kaum noch handhabbar sind.
Taucke sagte, „nach über 15 langen Jahren der Planung hätten wir uns gewünscht, dass das Projekt Elbvertiefung endlich in die Tat umgesetzt werden kann.“ Es bleibe zu hoffen, dass die geforderten Nachbesserungen schnell umgesetzt werden und somit mit der Elbvertiefung zeitnah begonnen werden kann.“
Ähnlich äußerte sich Ulrich Nußbaum, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Verkehrsforums. „Angesichts der schon jetzt enorm langen Vorlaufzeit des Projektes hätten wir uns ein anderes Ergebnis gewünscht.“ Es sei aber „gut und wichtig, dass das Gericht die verkehrliche Notwendigkeit nochmals bestätigt hat“.
Grüne und Naturschützer feiern Teilsieg
Die Grünen-Schifffahrtsexpertin Valerie Wilms begrüßte den jetzigen Stopp. Das Urteil mache klar, „die jetzigen Pläne dürfen nicht umgesetzt werden – die geplanten Ausbaggerungen finden nicht statt.“ Hamburg müsse sich jetzt Gedanken über die Zukunft seines Hafenstandorts machen. Sie forderte erneut eine Hafenkooperation mit den anderen norddeutschen Standorten.
Die klagenden Naturschutzverbände BUND und NABU sehen sich durch das Urteil bestätigt. „Den Behörden ist es erneut nicht gelungen, eine rechtskonforme Planung für die geplante Elbvertiefung vorzulegen – und dies nach zehn Jahren Verfahrensdauer“, erklärten sie. „Die Planungsbehörden wären gut beraten, das Umweltrecht endlich ernst zu nehmen.“ Namentlich sei der Versuch aufgeflogen, das Naturschutzpflichtprogramm als speziellen Ausgleich für den schweren Eingriff in die Elbe verkaufen. Über den konkreten Fall hinaus sei dieses Urteil bedeutsam für die notwendige Beachtung der deutschen und europäischen Naturschutzvorschriften auch bei großen Infrastrukturplanungen.
Externer Link: Mitteilung des Bundesverwaltungsgerichts