Das war der Tenor auf einer Fachveranstaltung des Telematik-Verbandes Telematics Pro in der vergangenen Woche in Berlin. Es gebe zwar Beispiele, wo die City-Maut gut funktioniere, sagte der Verbandsvorsitzende Claus Habiger, „aber die Angst in der Politik ist groß“. Hintergrund seiner Äußerungen waren Anläufe unter anderem in Tübingen, München und Hamburg, die aber teilweise schon sehr früh verworfen wurden.
Alternative zur blauen Plakette?
Als Vorzeigemodell gilt namentlich Stockholm, wo für die gesamte Innenstadt eine tageszeitabhängige „Staugebühr“ erhoben wird. Dort war nach der Einführung der Maut der Verkehr schlagartig um 20 Prozent zurückgegangen – ob das unter Umständen ausreichen könnte, um Feinstaub- und Stickoxid-Belastung unter die EU-Grenzwerte zu drücken, war nicht zu klären.
Sascha Ruja, der als Mitarbeiter des norwegischen Mautsystemanbieters Q-Free mit dem Stockholmer System vertraut ist, führte als Pluspunkt einer City-Maut an, dass sie langfristig zu einem grundsätzlich anderen Mobilitätsverhalten führt und eine weniger an Auto-Erreichbarkeit orientierten Städtebau fördert. Befürchtungen, dass sich Einwohner wegziehen oder der Handel auf die „grüne Wiese“ wandert, hätten sich nicht erfüllt.
Faktische City-Maut in Deutschland?
Der Berater Josef Czako, langjähriger Mitarbeiter beim Telematikanbieter Kapsch, wies darauf hin, dass hohe Parkgebühren – wie zum Beispiel in München mit 8 EUR/Stunde – faktisch wie eine City-Maut wirkten.
Der City-Maut wird außerdem hoher Kontrollaufwand, die Schaffung einer Zweiklassengesellschaft zulasten weniger sozial schwächerer Autofahrer und die Befürchtung, dass die Mauteinnahmen versickern könnten, entgegengehalten. Wer City-Maut propagieren wolle, müsse belastbare Zahlen zum Beispiel zur Verminderung der Staus vorweisen können.
Zeit abgelaufen?
Czako widersprach zwar der Einschätzung, dass die City-Maut „tot“ sei, räumte aber ein, dass es andere Instrumente gibt, um die innerstädtischen Verkehrsprobleme zu lösen. Michael Reink vom Handelsverband HDE wurde deutlicher: Er bezeichnete die City-Maut als „völlig anachronistisches Thema“.
Der Telematik-Berater Wilhelm Möllemann glaubt hingegen, dass die deutschen City-Maut-Befürworter das Thema falsch angehen: „Das Hauptziel ist weniger Verkehr, nicht mehr Einnahmen.“ (roe)