Zusammen mit anderen Maßnahmen zur Verkehrsvermeidung und Verlagerung von der Straße auf umweltfreundlichere Verkehrsträger ließen sich so bis 2050 die Treibhausgasemissionen im inländischen Verkehr gegenüber 1990 um 95 Prozent reduzieren – damit wäre das Ziel des Pariser Klimaschutzabkommens erreicht.
Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie des Umweltbundesamtes, die in der vergangenen Woche vorgestellt wurde. Untersucht wurden ein Referenzszenario, in dem prinzipiell ein „Weiter so“ in der Verkehrspolitik unterstellt wurde, sowie ein Klimaschutzszenario, in dem die Verkehrspolitik stark auf Klimaschutz ausgerichtet wird.
Ergänzend wurde ein „Klimaschutzszenario E+“ untersucht, das noch einmal stärker auf direkte elektrische Antriebe im Verkehr setzt – deswegen „E+“. Ein Nachteil des Klimaschutzszenarios ist nämlich, dass es stark auf flüssige und gasförmige Treibstoffe setzt, die aus Strom gewonnen werden(Power to Liquid/Power to Gas). Damit werden zwar die Treibhausgasemissionen verringert; wegen der hohen Umwandlungsverluste droht Deutschland damit aber wieder zum Stromimporteur zu werden. Für den schweren Lkw auf langen Strecken ist Batterieantrieb aber nicht praktikabel.
Deswegen haben die Gutachter im Klimaschutzszenario E+ vertieft die Auswirkungen von Oberleitungs-Hybrid-Lkw (OH-Lkw) untersucht. Zusammen mit einer forcierten Einführung von Elektro-Pkw ergäbe sich daraus eine zusätzliche Minderung des Strombedarfs um 6 Prozent. Damit der OH-Lkw für die Transportunternehmer tatsächlich interessant wird, müssten die Nachbarländer aber auch beim Ausbau ihrer Autobahnen mitmachen, schränken die Autoren ein.
Umfangreicher Maßnahmenkatalog
Für das Klimaschutzszenario schlägt die Studie unter anderem folgende Maßnahmen vor:
Personenverkehr
- In der Siedlungsplanung auf kurze Wege setzen und Pendlerpauschale ersatzlos streichen
- Verdrängung des innerstädtischen motorisierten Individualverkehrs durch Verteuern und Verknappen des Parkraums sowie Zufahrtsbeschränkungen; Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit.
- Ausbau der ÖPNV-Infrastruktur, Förderung durch GVFG-Bundesprogramm, Erhöhung der Regionalisierungsmittel; Kostenbeteiligung „indirekter Nutznießer“ des ÖPNV zum Beispiel durch ÖPNV-Erschließungsbeiträge
- Förderung des Carsharing durch Parkplatz- und Steuerprivilegierung; integrierte Entgeltsysteme für ÖPNV und Carsharing
- Förderung des Rad- und Fußverkehrs für kürzere Strecken; besondere Berücksichtigung von Pedelecs
- Ausbau des Schienenpersonenfernverkehrs durch mehr Verbindungen in die Fläche und dichtere Takte: Ermöglichung von mehr Fahrradmitnahme oder im Preis integriertem Leihfahrrad am Ziel
- Novelle des Bundesreisekostengesetzes: Senkung der Kilometerpauschale auf 15 ct/km, volle Erstattung nur für öffentliche Verkehrsmittel
- Steuerliche Absetzbarkeit von Firmenwagen an CO2-Ausstoß koppeln
- Steuerliche Absetzbarkeit für privat mitgenutzte Firmenwagen deckeln
- Fahrleistungsabhängige Pkw-Maut zur Deckung externer Kosten
- Keine Umrechnung des 95-Gramm-Ziels für Pkw bei Übergang von NEFZ- auf WLTP-Verbrauchsmesszyklus; weitere stufenweise Absenkung auf 65g bis 2030
- Bonus-Malus-Regelung beim Kauf besonders klimafreundlicher bzw. -schädlicher Pkw
- Tempo 120 auf Autobahnen, Tempo 80 auf Landstraßen
- Privilegierung von E-Kfz bei Stellplätzen und Durchfahrverboten
- Förderung von alternativen Antrieben bei (Stadt-) Bussen
- CO2-differenzierte Maut für Fern- und Reisebusse
Güterverkehr
- Lang-Lkw auf vorher definiertem Netz ohne Konkurrenzierung der Schiene
- Weitere Liberalisierung der Kabotage zur Verminderung von Leerfahrten
- Ausweitung der Lkw-Maut auf das gesamte Straßennetz und auf Lkw unter 7,5t
- Differenzierung der Lkw-Maut nach Verbrauch/CO2-Ausstoß
- Differenzierung der Maut nach Fahrtlängen und/oder Auslastungsgrad
- Höhere Energiesteuer mit Treibhausgas-Zuschlag
- Null-Emissionszonen in Innenstädten
- Bündelung von Innenstadtlogistik durch regulativen Druck
- Benutzervorteile für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben
- Finanzielle Förderung des Kombinierten Verkehrs für Investitionen und Betrieb
- Bessere europäische Interoperabilität bei der Eisenbahn
- Höhere Priorität von Güterverkehrstrassen gegenüber SPNV-Trassen
- Ausbau der großen Bahn-Güterverkehrskorridore
- Elektrifizierung von Bahnstrecken
- Taktbetrieb auch für den Schienengüterverkehr
- Schnellere Güterzüge für bessere Kompatibilität mit dem schnellen Personenverkehr
- Längere Güterzüge – mindestens 750m
Weitere Studie zu Infrastrukturfinanzierung
In diese Studie sind die Ergebnisse einer weiteren neuen Studie des UBA zur Finanzierung einer nachhaltigen Güterverkehrsinfrastruktur eingegangen, deren Zeithorizont aber nur bis 2030 reicht. Untersucht wird ebenfalls anhand eines Referenzszenarios und eines Zielszenarios, wie die negativen Umweltwirkungen und der Energieverbrauch des Güterverkehrs verringert werden kann. Damit ist das Gutachten unausgesprochen als kritische Gegenthese zum BVWP 2030 anzusehen. (roe)
Externe Links:
Klimaschutzbeitrag des Verkehrs bis 2050 – Kurzfassung
Klimaschutzbeitrag des Verkehrs bis 2050 – Langfassung
Finanzierung einer nachhaltigen Güterverkehrsinfrastruktur – Kurzfassung
Finanzierung einer nachhaltigen Güterverkehrsinfrastruktur – Langfassung