Der bewusst als Provokateur eingeladene Prof. Andreas Knie vom Think Tank InnoZ warnte die Branchenvertreter davor, von der Abkehr vieler Bürger vom Auto automatisch einen Zugewinn für den ÖPNV zu erwarten. „Der Autofahrer wechselt nicht zum ÖPNV, sondern zum Fahrrad – und wenn es regnet, zum Carsharing.“ Die Herausforderung durch Sharing-Modelle sei ernst zu nehmen – anders als der ÖPNV ermöglichten sie ein „hier“ (ohne Haltestelle) und „jetzt“ (ohne Fahrplan“) und ein „sofort“ (ohne Wartezeit). Die ÖPNV-Unternehmen sollten sich davon aber nicht erschrecken lassen, sondern an die Spitze setzen und ihre vielen Kontakte in Bindungen umwandeln. Er empfahl, eine wirklich neutrale Datenplattform für ÖV-Fahrpläne und Sharing-Anbieter einzurichten, auf die dann die Nutzer mit einer App ihres „Hausanbieters“ zugreifen können. „Der Kunde will eine einzige App – nicht dreißig.“ Vor dieser Offenheit scheue die Branche aber zurück. Doch was sei die Alternative? „Wenn wir [die ÖV-Unternehmen] es nicht tun, findet uns am Ende niemand mehr“, sagte er. Der SPD-Verkehrsexperte Andreas Rimkus ergänzte, dass es sonst ein anderer tue, und deutete indirekt auf Google und ähnliche Unternehmen.
Auf deutlichen Widerspruch stieß Knie mit seiner These, das „Großgefäß“ – wie U-Bahn, S-Bahn oder Straßenbahn und Bus – habe sich überlebt und es gehe langfristig nur noch darum, kleine Gefäße wie autonome Taxis zu füllen. Tim Dahlmann-Resing von den Nürnberger Verkehrsbetrieben sagte, das „Großgefäß“ werde in Innenstädten weiterhin seine Berechtigung haben. Beim Anschlussverkehr im Speckgürtel könne es allerdings anders aussehen. (roe)
Weiterer Bericht zu diesem Schwerpunkt: ÖPNV-Branche auf Emanzipationskurs vom PBefG?