Bei einer nicht repräsentativen Umfrage in einem Workshop am Montagmorgen gab von rund 50 Teilnehmern etwa ein Viertel an, ein Elektroauto zu fahren – aber ausschließlich als Firmenwagen.
Kritik an deutscher Autoindustrie reißt nicht ab
Dementsprechend überwog auch die Skepsis, ob die Kaufprämie wirklich einen Aufschwung in den Zulassungszahlen bewirkt. Viele Teilnehmer des Workshops sprachen jedoch davon, dass die Prämie nicht über den Kauf eines Elektroautos entscheiden werde. Grundsätzliche Probleme blieben, wie zu geringe Reichweite, fehlende Ladeinfrastruktur und mangelnde Modellvielfalt. So plant Ford von der Elektrovariante seines Brot- und Buttermodells Focus keinen Kombi, weil dafür nur in Deutschland Nachfrage zu erwarten sei. Bei Firmenwagen komme hinzu, dass die Statusdifferenzierung derzeit nur über die Ausstattung und kaum über die Wagengröße möglich sei.
Mehrfach wurde auf der Veranstaltung Desinteresse der Händler konstatiert, Elektroautos zu verkaufen – dem Vernehmen nach sind die Provisionen geringer als bei herkömmlichen Autos. Anders als bei konventionellen Fahrzeugen gebe es in der Praxis auch keine Händlerrabatte.
Einer der Teilnehmer stellte die These in den Raum, dass die (deutsche) Autoindustrie mit der Elektrifizierung bei den falschen Fahrzeugen angefangen habe: „Innovative Technologie wird über die Oberklasse eingeführt“, sagte er.
Festgestellt wurde aber auch, dass die Kaufprämie als Startsignal von Bedeutung sein können. Verkehrsstaatssekretär Rainer Bomba hob in einer Podiumsdiskussion am Nachmittag ebenfalls hervor, dass er in der vor etwa zwei Jahren aufgekommenen Forderung der Industrie nach der lange Zeit abgelehnten Kaufprämie ein wichtiges Zeichen für die Marktreife sieht. Optimistisch zeigte sich Henning Kagermann, Vorsitzender der Nationalen Plattform Elektromobilität: Er erwartet von der Kaufprämie den Verkauf 250.000 zusätzlicher Elektroautos.
Elektroauto belohnt Vielfahrer
Unstrittig war, dass sich ein Elektroauto bei höheren Fahrleistungen wirtschaftlich schnell lohnt (total cost of ownership). Psychologisches Hindernis sei aber der hohe Kaufpreis am Anfang. Vorgetragen wurde das Beispiel eines Taxifahrers, dessen unrabattierter Tesla sich schon nach drei Jahren und rund 300.000km dank geringerer „Kraftstoff“- und Wartungskosten (Bremsen!) gegenüber einem rabattierten E-Klasse-Mercedes amortisiert habe.
Bestätigt wird das durch einen Online-Rechner, mit dem gewerbliche Anwender die Kosten von E-Kfz mit konventionellen Fahrzeugen vergleichen können. Das Programm wurde vom Öko-Institut Freiburg im Rahmen der Schaufenster Elektromobilität entwickelt und am Montag erstmals öffentlich vorgestellt (externer Link hier).
Post will Kaufprämie anzapfen
Ein gewerblicher Nutzer, der sich ebenfalls zufrieden zeigte, war Achim Kampker von der Deutschen Post. Der in Eigenregie produzierte Lieferwagen Streetscooter sei bei den Mitarbeitern extrem beliebt. Die Wartungskosten lägen 30 Prozent unter denen für konventionelle Fahrzeuge. Er kritisierte allerdings, dass derzeit im Markt für Elektromobilität sehr viele Anbieter unterwegs seien, „die die Hand aufhalten“. Deswegen habe sich die Deutsche Post entschlossen, möglichst viele Leistungen intern zu erbringen oder von wenigen Kernpartner einzukaufen. Auf Nachfrage bestätigte Kampker Mutmaßungen, dass das mehrheitlich staatseigene Unternehmen für den Streetscooter die Kaufprämie in Anspruch nehmen will.
Etwas überraschend hingegen berichtete Wolfgang Gruel vom Carsharing-Anbieter Car2Go, dass die Kosten für E-Autos dort höher seien. Ein Faktor seien Fahrzeuge, denen der Strom ausgehe und die dann abgeschleppt werden müssten. Ein weiterer Faktor seien die Ladezeiten, während der das Auto nicht für die Kunden zur Verfügung stehe. Sein Unternehmen setze aber darauf, dass die digitale Vernetzung und das automatisierte Fahren Fahrzeug und Nachfrager in Zukunft besser zusammenbringe.
Norweger empfehlen „Donut-Prinzip“ für Ladeinfrastruktur
Ole Henrik Hannisdahl vom norwegischen Ladesäulen-Dienstleister Groenn Kontakt übte indirekte Kritik an der deutschen Politik, den Aufbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur zu fördern. Damit werde der Anreiz für Autohersteller vermindert, die Reichweite ihrer Fahrzeuge zu verbessern, und dem Verbraucher werde damit weiterhin auferlegt, sein Nutzungsverhalten zu ändern. Er plädierte dafür, zuerst möglichst viele Autos in den Markt zu bringen. Den Anfang sollte der „Donut“ (Speckgürtel) um die Innenstädte machen, wo die Menschen ihre Fahrzeuge zu Hause laden können. (roe)