Nachdem die unterschiedlichen Interessen und Ziele in „Themenfelder“ zusammengefasst worden seien, hätten sich im Beratergremium deutliche Schnittmengen herausgestellt, zum Beispiel beim Thema Sohlerosion. Das war am Rande der Regionalkonferenz zum Gesamtkonzept Elbe am Montag in Magdeburg zu hören. Während die Schifffahrt vor allem Wert auf verlässliche Fahrrinnentiefen legt, wollen die Umwelt- und Naturschützer die Auenlandschaft bewahren.
Das Gesamtkonzept Elbe wird derzeit gemeinsam von BMVI und Bundesumweltministerium (BMUB) erarbeitet und soll bis Ende des Jahres vorliegen. Ziel sind Leitlinien für den Ausgleich der Interessen von Wirtschaft – namentlich der Schifffahrt – und Natur- und Umweltschutz. Begleitet wird die Arbeit von einem neunköpfigen Beratergremium aus Wirtschaft, Naturschützern und Kirche. Das Beratergremium hat seit der Einsetzung im Herbst 2015 neun Mal getagt.
Sohlerosion ist Konsens- und Konfliktthema zugleich
Einen Versuch zum Ausgleich der Interessen will die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) an einer rund 20km Pilotstrecke bei Klöden unternehmen. Um die Sohlerosion – das Fortschwemmen des Flussbodens – zu verringern, soll das Flussbett bei Mittelwasser verbreitert werden, indem Buhnen entfernt werden. Dadurch wird die Fließgeschwindigkeit verringert – allerdings geht damit auch die Abladetiefe bei Mitelwasser gegenüber heute zurück. Boris Kluge vom Binnenhafenverband BÖB sieht deshalb auch noch Diskussionsbedarf. Bisher beruht die Wirtschaftlichkeit der Elbeschifffahrt zu einem großen Teil auf einer Mischkalkulation zwischen Zeit mit Normal- und Niedrigwasserständen.
Im Klöden-Konzept ist vorgesehen, dass die Elbe nur bei Niedrigwasser in ihr jetziges künstlich schmales Bett zurückfällt, das deswegen mit „Geschiebezugabe“ (Schotter) stabilisiert werden. Iris Brunar vom Naturschutzverband BUND geht das nicht weit genug. Sie plädierte dafür, den Fluss durch Schlingen zu verlängern, um so die Fließgeschwindigkeit zu verringern „Und damit sind wir beim Konflikt.“
Kompensation für Schifffahrt?
„Schifffahrt ist immer möglich“, betonte Kluge, „aber sie muss auch wirtschaftlich sein.“ Nicht nur Hans Joachim Döring von der evangelischen Kirche, sondern auch wirtschaftsnahe Kreise brachten deshalb eine finanzielle Kompensation für die Binnenschifffahrt auf der Elbe ins Spiel, um durch Naturschutz verursachte Kostennachteile auszugleichen. Nur kurz angerissen wurde das Thema „flussangepasstes Schiff“. Kluge machte deutlich, dass die heute auf der Elbe fahrenden Schiffe auch anderen Fahrtgebieten genügen müssen. Gebe es mehr Verlässlichkeit, fiele die Entscheidung für die Anschaffung flussangepasster Schiffe möglicherweise auch leichter.
Kompromissbereitschaft angemahnt
Helge Wendenburg vom BMUB mahnte die Umweltverbände indirekt, nicht mit Maximalforderungen bei der Sohlstabililisierung Kompromissmöglichkeiten zu verbauen. „Dann werden wir in 20 Jahren nicht über Schifffahrt diskutieren, aber Auen und Felder werden trockenfallen. Und dann werden wir uns über ganz andere wasserbauliche Maßnahmen unterhalten müssen.“ Auch Reinhard Klingen von BMVI mahnte zu Kompromissbereitschaft: „Wenn jeder von seinem 100-Prozent-Ziel heruntergeht und sich 80 oder 90 Prozent zufriedengibt, ist viel erreicht.“
Wirtschaftsfaktor Elbe mit vielen Facetten
Deutlich wurde aber auch, dass wirtschaftliche Interessen entlang der Elbe inzwischen nicht mehr allein an die Schifffahrt gebunden sind. Brunar sagte, allein in Sachsen-Anhalt werde jährlich ein dreistelliger Millionenumsatz mit Radtourismus entlang der Elbe gemacht. Schon deshalb lohne sich der Erhalt der Auenlandschaft.
Befremden über Demonstration am Sonntag
Als „inakzeptabel“ bezeichnete Henning Finck von der Kammerunion Elbe/Oder gegenüber dem Verkehrsbrief eine Demonstration des BUND am Sonntag im Magdeburg gegen Sohlstabilisierung mit Schotter angesichts des Ziels, im Gesamtkonzept Elbe zu einem Konsens zu kommen. Agenturfotos zufolge (zum Beispiel bei Focus Online) nahmen aber deutlich weniger als 20 Personen teil. (roe)