Klimaschutz in der Seeschifffahrt ist nicht nur ein Antriebsthema

Umwege in der Kritik

Paolo Costa von der Hafenbehörde Venedig kritisierte, dass viele Schiffe aus Fernost unnötig lange Strecken zu den Nordseehäfen zurücklegen, selbst wenn die Ladung für Südeuropa bestimmt sei. Die zu Zeiten eines boomenden transatlantischen gewachsenen Hafenstrukturen in Europa hätten sich nicht der Verlagerung der Handelsströme angepasst. Inzwischen sei aber ein Umdenken erkennbar. Trotz der Finanz- und Wirtschaftskrise hätten die Südhäfen in den letzten Jahren ihren Umschlag verdoppeln können – auf niedriger Basis allerdings, wie Costa einräumte.

Schwefelreduzierung und Klimaschutz im Konflikt

Tahmid Mizan vom Ölkonzern Exxon machte darauf aufmerksam, das die weitere Reduzierung des Schwefelgehalts im Schiffstreibstoff mit dem Ziel der CO2-Einsparung im Konflikt stehe. Er räumte ein, dass Schwefelkontrollzonen (SECA) zum Schutz der Küstenbewohner sinnvoll seien; das Ziel der IMO aber, ab 2020 auch den Schwefelgehalt von Treibstoffen auf hoher See von aktuell 3,5 auf 0,5 Prozent zu reduzieren, werde einen Anstieg der CO2-Emissionen zur Folge haben. Grund sei, dass der Schwefel dem Treibstoff mit hohem Energieaufwand entweder schon in den Raffinerien oder per Abgasreinigungssystem (Scrubber) entzogen werden müsse. „Bisher nutzen wir jeden Tropfen Rohöl“, sagte Mizan. Das sei künftig nicht mehr möglich.

Anna Larsson von Wallenius Wilhelmsen unterstrich die Notwendigkeit, in den IMO-Regeln bei der Treibstoffnutzung fairen Wettbewerb sicherzustellen. Sie plädierte für eine Ergänzung von Annex VI: Schiffe sollten nur dann schwefelreichen Kraftstoff an Bord haben dürfen, wenn sie über einen Scrubber verfügen. Finn Arne Rognstad vom Antriebshersteller Rolls-Royce hielt dem entgegen, dass die Schifffahrt ohnehin verpflichtet sei, über Treibstoffe Buch zu führen. Larsson bezweifelte, dass die Bücher immer ehrlich geführt werden.

LNG-Hochlauf stockt

Rognstad bezifferte das CO2-Einsparpotenziel von konventionell angetriebenen Schiffen noch auf 10 bis 15 Prozent. Ansatzpunkt sei neben dem Antriebsstrang die Optimierung des Schiffsrumpfes. Der Markthochlauf von Flüssigerdgas (LNG) bleibe hingegen hinter den Erwartungen zurück. Vor einigen Jahren noch hätten die Klassifizierungsgesellschaften für den jetzigen Zeitpunkt 1000 LNG-angetriebene Schiffe prognostiziert; tatsächlich seien gerade 100 Schiffe in Betrieb oder im Bau. „Die Branche ist sehr konservativ“, stellte er fest. (roe)

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