Grüne und CDU in Stuttgart experimentierfreudig

Um verlässlich planen und bauen zu können, wollen wir die Finanzierung unabhängig von einzelnen Haushaltsjahren gestalten und ein Gesamtpaket über fünf Jahre schnüren“, heißt es. Der Schwerpunkt soll auf Erhalt und Sanierung liegen. Der 2010 noch unter Schwarz-Gelb verabschiedete Generalverkehrsplan bis 2015 – das Geenstück zum Bundesverkehrswegeplan – soll zur Halbzeit überprüft werden.

Weitere Eckpunkte des Koalitionsvertrags:

Straße:

  • Für die Projekte im BVWP 2030 wollen die Koalitionspartner zusammen mit dem Bund „eine mit fachlich und sachlich nachvollziehbaren und transparenten Kriterien gestützte Reihenfolge der Umsetzung“ erarbeiten. Der erste Anlauf von Grün-Rot, die Projekte im alten BVWP zu priorisieren, war vom Bund wiederholt unterlaufen worden.
  • Beim Streitthema Auftragsverwaltung sind sich Grüne und CDU einig: „Wir setzen uns für eine weitere Optimierung der Auftragsverwaltung der Bundesfernstraßen durch die Länder ein. Eine Zentralisierung der Aufgaben in einer Bundesgesellschaft für das Autobahnnetz lehnen wir ab.“ Beendet wird die unter Grün-Rot gestartete Diskussion, ob die derzeit dezentral organisierte Straßenbauverwaltung wieder aus den Regierungspräsidien herausgeholt wird. Sie soll zwar personell gestärkt werden, aber unter grundsätzlicher Beibehaltung der bisherigen Strukturen optimiert werden. „Einen Landesbetrieb Straße werden wir nicht einrichten.“
  • Wenig überraschend ist die Zusage, den Feldversuch mit Lang-LKW (weiter) konstruktiv zu begleiten. „Für eine generelle Zulassung von Lang-LKW im Regelbetrieb ist für uns Voraussetzung, dass die Vorteile überwiegen und diese mit einer Stärkung des kombinierten Verkehrs einhergeht.“
  • Der besondere Leidensdruck durch die Smogsituation im Stuttgarter Kessel hat offenbar dazu geführt, dass sich nun auch die CDU „auf Bundesebene die Planungen zur Einführung einer blauen Plakette für besonders schadstoffarme Fahrzeuge konstruktiv begleiten“ will. „Hierbei werden wir insbesondere die sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen im Blick behalten und auf angemessene Übergangsfristen hinwirken.“
  • In Sachen Elektromobilität planen die Partner offenbar eine am „Schaufenster“-Ansatz des Bundes angelehnte „Initiative Elektromobilität 3“. Investiert werden soll in Ladeinfrastruktur, ausgewählte Fahrzeugflotten und innovative Vorhaben der Elektromobilität und anderer alternativer Antriebe.
  • Beim Zukunftsthema „Autonomes Fahren“ sollen Modellvorhaben im Individual- und Güterverkehr sowie im öffentlichen Verkehr umgesetzt werden. In Zusammenarbeit mit der Automobilindustrie sollen Teststrecken auf Autobahnen und im nachgeordneten Straßennetz eingerichtet werden.
  • Einen Achtungserfolg kann die CDU beim Reizthema Querungshilfen für Wildtiere verbuchen: Ihre Notwendigkeit wird zwar nicht angezweifelt, weiter heißt es aber: „Mit dem Ziel einer Kosten- und Flächeneinsparung werden wir bestehende Standards im Straßenbau und beim Bau von Grün- und Wildtierbrücken auf den Prüfstand stellen.“

Schiene

  • Die Partner bekennen dazu, den zügigen Ausbau der Rheintalbahn mit einer Mitfinanzierung der Mehrkosten für deren menschen- und umweltgerechten Ausbau „im beschlossenen Finanzrahmen“ zu fördern.
  • Für noch nicht elektrifizierte Bahnstrecken ist eine „Elektrifizierungsoffensive“ geplant: Entweder durch den Bau von Oberleitung „oder mit Hilfe innovativer fahrzeugseitiger Lösungen (alternative Antriebsformen wie zum Beispiel Brennstoffzelle oder Hybridtechnologie)“.
  • Im Streit um eine Aufstockung des Landesanteils am Bahnprojekt Stuttgart 21 erhält die Landesregierung Bewegungsspielraum. Das Land beteiligt sich mit einem Zuschuss entsprechend den Regelungen im Finanzierungsvertrag, heißt es zunächst kompromisslos, implizit aufweichend folgt: „Wir werden die Interessen des Landes im Vertragsrahmen bestmöglich wahren. Dabei hält das Land in den Sprechklauselgesprächen am Ziel fest, dass über die im Vertrag genannten Kostenanteile in Höhe von 930,6 Mio. EUR hinaus von Seiten des Landes keine Zahlungen zu leisten sind.“

ÖPNV

  • Vage formuliert sind die Aussagen zum Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (LGVFG), das bisher aus Entflechtungsmitteln gespeist wird. Dessen finanzielle Ausstattung müsse auch nach dem Auslaufen der Entflechtungsmittel im Jahr 2019 gesichert werden. Ob das Land mit Eigenmitteln einspringt, falls keine Anschlussregelung mit dem Bund gefunden wird, bleibt offen. Von den 165 Mio. EUR sollen 15 Mio. EUR in den Rad- und Fußwegebau fließen, der Rest hälftig in ÖPNV und kommunalen Straßenbau.
  • Geprüft werden soll, ob es sinnvoll ist, einen Landesnahverkehrsplan zu erarbeiten.
  • Für die „landeseigenen“ Regiobuslinien sollen bis zu 10 Mio. EUR jährlich aus Regionalisierungsmitteln fließen.
  • Um die in Baden-Württemberg dominierende Verkehrsverbunds-Kleinstaaterei zu überwinden, will das Land Zusammenschlüsse von Verbünden „durch Anreize im Rahmen der Neugestaltung der Verbundforderung unterstützen“. Zwang soll es nicht geben: „Entsprechende Initiativen müssen von kommunaler Seite ausgehen.“
  • Für die Ausgleichsmittel für die Schülerbeförderung im ÖPNV (PBefG § 45a) wollen Grüne und CDU „ein schlüssiges und zeitgemäßes Nachfolgesystem“ entwickeln. „Das Land stellt hierfür zusätzliche Finanzmittel zur Verfügung, sofern auch die kommunale Seite bereit ist, sich in gleicher Weise zu engagieren.“

Externer Link: Entwurf des Koalitionsvertrags auf der CDU-Website

Schreibe einen Kommentar