In der von der Linken beantragten Anhörung zum Thema Bundesfernstraßengesellschaft sagte Ferlemann weiter, der Entwurf für das eigentliche Errichtungsgesetz sei „in der Bearbeitung“. Der Bund werde das Thema in den Gespräche zur Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen mit der Weiterführung der Länder-GVFG-Mittel verknüpfen, die die Länder fordern. Auch dafür sei eine Grundgesetzänderung erforderlich. Es gehe also um ein Geben und Nehmen. Ferlemann hofft, dass die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern bis zur Sommerpause abgeschlossen werden können. Ein „Scharfschalten“ der Bundesfernstraßengesellschaft sei ab 2020 zu erwarten.
Grünen untereinander uneins
In der Anhörung selbst wurden spiegelten sich die bekannten Frontlinien wieder. Die Linke und der von ihr benannte Sachverständige Carl Wasmuth (Gemeingut in Bürgerinnenhand) sehen in der Bundesfernstraßengesellschaft ein Vehikel, um die Infrastruktur zu privatisieren und mehr ÖPP zu ermöglichen. Die Grünen-Verkehrsexpertin Valerie Wilms hingegen plädierte für die Bundesfernstraßengesellschaft, weil damit ÖPP – die heute dazu dienen, die Defizite der Auftragsverwaltung zu umgehen – überflüssig würden.
Allerdings scheint es bei den Grünen kein einheitliches Meinungsbild zu geben. Fraktionschef Anton Hofreiter bemängelte am Mittwoch nach der Anhörung, die Dobrindt–sche Fernstraßengesellschaft „könnte nur überteuerte Kredite aufnehmen, ihre Machenschaften wären intransparent und sie würde die nationale Schuldenbremse umgehen. Die Fernstraßengesellschaft wäre ein kostspieliges Geschenk an Banken, Versicherungen und Fonds und würde den Mittelstand bedrohen.“
Thomas Hailer vom Deutschen Verkehrsforum widersprach Wilms ein Stück weit: Der „Wettbewerb der Systeme“, zu dem auch ÖPP gehörten, werde zumindest so lange benötigt, bis die Fernstraßengesellschaft den Idealzustand erreicht habe.
Fernstraßengesellschaft soll Ungleichgewichte ausbügeln
Als Hauptargumente für eine Bundesfernstraßengesellschaft führten Hailer, Stefan Gerwens von Pro Mobilität und Heiko Stiepelmann vom Bauverband HDB die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Länder-Straßenbauverwaltungen an. Gerwens sieht die Länder darüber hinaus vor ganz unterschiedlichen Herausforderungen: So entfielen 80 Prozent der Brückensanierungen auf nur fünf Bundesländer. Die im BVWP-Entwurf aufgeführten großen Aus- und Neubauprojekte konzentrierten sich ebenfalls auf wenige Länder. Er bezweifele, dass die Länder diesem Investitionshochlauf gewachsen sind. Eine Bundesfernstraßengesellschaft könne spezialisierte Abteilungen für Öffentlichkeitsbeteiligung und Planfeststellungsverfahren schaffen. Nicht jedes Land könne derartige Kompetenzen vorhalten.
Skepsis gegenüber Bodewig-II-Vorschlägen
Zwiespältig sieht Gerwens die Vorschläge der Bodewig-II-Kommission. Richtig sei, dass es in den Straßenbauverwaltungen heute Synergien aus der gemeinsamen Betreuung von Bundesfern-, Landes- und teilweise auch Kreisstraßen gebe. Hingegen seien die von den Ländern kritisierten Abstimmungsschleifen notwendig, damit sich der Bund nicht gegenüber dem Bundesrechnungshof angreifbar macht. Zu fragen sei auch, ob die Zweckkostenpauschale von 3 Prozent richtig sei, da die Länder keinen Vorteil davon hätten, wenn sie sorgfältiger planen, Mehrkosten aufgrund schlechter Planung aber vom Bund ersetzt werden. Für fraglich hält Gerwens, ob die vorgeschlagene Bonus-Malus-Regelung in Verträgen zwischen der öffentlichen Hand überhaupt möglich ist. „Mir fehlt da ein brauchbarer Vorschlag.“ (roe)