Wie aus dem Marktbericht 2015/2016 der Bundesarbeitsgemeinschaft der Aufgabenträger im Schienenpersonennahverkehr (BAG-SPNV) hervorgeht, sind die Infrastrukturentgelte je Zug-km von 2002 auf 2014 von 3,49 EUR auf 4,62 EUR gestiegen. Die Ausgaben für den eigentlichen Zugebetrieb gingen im gleichen Zeitraum von 4,69 auf 3,28 EUR zurück – bei fast unveränderter Höhe der Regionalisierungsmittel von gut 11 EUR.
Die BAG-SPNV kann auch nicht erkennen, dass aktuelle Neuordnung des Finanzierungsgeflechts rund um Eisenbahnregulierungsgesetz (ERegG), neues DB-Trassenpreissystem und LuFV II den Preisanstieg nachhaltig bremsen wird. Unklar sei, wie die vom Bund für das ERegG zugesagte Trassenpreisbremse wirksam umgesetzt werden soll. Derzeit habe es eher den Anschein, dass das neue Trassenpreissystem – in dem die Höhe der Trassenpreise für die einzelnen Benutzergruppen nach „Markttragfähigkeit“ festgelegt werden soll – auf eine Höherbelastung des SPNV hinauslaufe.
Weiter offene Fragen bei Personalübergang
Kritik übt die BAG-SPNV erneut an der Regelung des Personalübergangs im novellierten Vergaberecht. Beim Erstellen des Angebots ergebe sich damit ein weiteres Kalkulationsrisiko, da die Personalkosten zum Zeitpunkt der Angebotsabgabe, die teilweise mehrere Jahre vor Betriebsaufnahme liegt, nur als Momentaufnahme bekannt gemacht werden können. Einige missbrauchsanfällige Regelungslücken seien zwar noch geschlossen worden, andere Probleme – wie etwa Personal beim Neubetreiber geschult werden kann, wenn es noch beim Altbetreiber benötigt werde – seien ungelöst. Mit dem Betreiberwechsel-Tarifvertrag der Lokführergewerkschaft GDL hätte es ein Instrument gegeben, den Personalübergang auf tarifvertraglicher Ebene und nicht per Gesetz zu regeln.
Zweifel an Finanzierbarkeit von WLAN im SPNV
Deutliche Kritik übt die BAG-SPNV indirekt an der Forderung von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt, schnellstmöglich WLAN in die SPNV-Züge zu bringen. Sie erkennt zwar die Bedeutung dieses Angebots an, bezweifeln jedoch, dass die flächendeckende Umsetzung
Laut dem Marktreport SPNV 2015/2016 der BAG-SPNV würde eine Ausstattung der gesamten Fahrzeugflotte mit Repeatern und WLAN-Routern Investitionen von bis zu 1,2 Mrd. EUR bedeuten, heißt es unter Berufung auf eine Studie von AT Kearney. Außerdem müssten die Aufgabenträger bei Vollausstattung aller Fahrzeuge und für den Fahrgast kostenlosem Zugang jährliche Kosten von 200-400 Mio. EUR allein für das erwartete Datenvolumen tragen. Indirekt plädiert die BAG-SPNV dafür, dass die Fahrzeughersteller ihre Fahrzeughüllen – vor allem die Fensterscheiben – künftig wieder so gestalten, dass die Kunden ihre Internetverbindung direkt zum Funkmast – ohne Umweg über Technik im Fahrzeug – herstellen können. Heute scheitert das vor allem an metallbedampften Fensterscheiben.
Nach aktuellem Stand werden bis 2020 rund 10 Prozent der Fahrzeugflotten über WLAN-Router oder LTE-Repeater verfügen. Nach derzeitigem Stand sind aber nur 60 Prozent der Bahnstrecken mit Mobilfunk für mobiles Internet abgedeckt – mit dem Schwerpunkt in den dichter besiedelten Gebieten. Zwar hätten die Mobilfunknetzbetreiber zugesagt, zusätzlich 400 Mio. EUR zu investieren, um die Abdeckung auf 90 Prozent zu steigern, doch nur unter dem Maßstab der Wirtschaftlichkeit – womit abermals dichter besiedelte Gegenden bevorzugt wären.
Die BAG-SPNV plädiert hingegen dafür, dass die Netzabdeckung dort verbessert wird, wo Züge mit signalverstärkender Technik fahren. Parallel müssten einfache, schnell nachrüstbare und kostengünstige Lösungen gefunden werden, um die Hochlaufkurve des mobilem Internets im Zug zu beschleunigen. „Hierbei sollten auch Lösungen in Erwägung gezogen werden, bei denen nur Teile eines Zugs mit verbessertem Mobilfunkempfang abgedeckt werden.“ (roe)
Externer Link: Marktreport SPNV 2015/2016