Reform statt Revolution birgt weniger Risiken für Straßenbau

  • „Bund sollte auf jeden Fall Fernstraßengesellschaft gründen“
  • Große Fragezeichen bei Übernahme der Autobahnen in Bundeshand
  • Beckers hält LuFV Straße für nicht zielführend
  • ADAC hin- und hergerissen
  • Christian Pegel warnt vor verlorener Managementkapazität
  • „Regionale Unterschiede auch in zentralen Organisationen“

Die Anhänger einer evolutionären Weiterentwicklung der Straßenbau-Auftragsverwaltung bekommen Rückenwind vom Verkehrswissenschaftler Prof. Thorsten Beckers (TU Berlin). Skepsis meldete er aber gegenüber einem umfassenden Besteller-Ersteller-Prinzip an, wie es die Bodewig-II-Kommission favorisiert. Beckers stellte am Freitag auf einer Veranstaltung des ADAC in Berlin die Eckpunkte einer Studie zu Reformvarianten für die Bundesfernstraßenverwaltung vor, die in den nächsten Wochen veröffentlicht werden soll.

„Bund sollte auf jeden Fall Fernstraßengesellschaft gründen“

In seinen Überlegungen – in denen die jüngsten Berichte der Bodewig-Kommission nur am Rande erörtert werden – schließen sich Weiterbestand der Auftragsverwaltung und Gründung einer Bundesfernstraßen- oder Bundesautobahngesellschaft nicht aus. Er empfiehlt dem Bund sogar für den Fall, dass die Auftragsverwaltung ohne Grundgesetzänderung reformiert wird, eine solche Gesellschaft zu gründen, um seine Aufgaben im Bereich Finanzierung und Verwaltung besser wahrnehmen zu können.

In einer weitergehenden Variante – mit Grundgesetzänderung – würde der Bund zumindest in einem Kernnetz wichtige Investitionsvorhaben an sich ziehen zu können. Dafür könnte auch die Deges in die neue Bundesgesellschaft integriert werden. Außerdem wäre es leichter, den Ländern eine bestimmte Struktur für ihre Straßenbauverwaltungen vorzuschreiben.

In einer dritten evolutionären Variante – ebenfalls mit Grundgesetzänderung – würde von der Auftragsverwaltung zur Organleihe gewechselt. Beckers warnte aber, dass dieses Modell vergleichsweise komplex sei und die Wirkungen daher schlechter absehbar seien.

Große Fragezeichen bei Übernahme der Autobahnen in Bundeshand

Für das revolutionäre Modell einer kompletten Übernahme der Autobahnen in eine Bundesgesellschaft sieht Beckers derzeit noch mehr Fragen als Antworten. „Nur weil wir bisher Probleme hatten, heißt es nicht, dass wir keine Probleme haben, wenn wir alles umkehren.“ So ergäben sich neue Schnittstellen bei der Koordinierung mit dem nachgeordneten Netz, was speziell in Ballungsräumen wie NRW oder dem Rhein-Main-Gebiet zu Problemen führen könne. Zu beantworten sei auch die Frage, ob die Verantwortung für Planfeststellungsverfahren dann auf Bundesebene liege. Er warnte vor der Erwartung, dass die Länder dann nicht mehr mitreden, und verwies auf den aktuellen Streit um die Stromtrassen.

Beckers hält LuFV Straße für nicht zielführend

Skeptisch sieht Beckers Überlegungen zu einem „harten“ Besteller-Ersteller-Prinzip oder Leistungs- und Finanzierungsvereinbarungen (LuFV) für den Straßenerhalt. Der Substanzwert von Straßen lasse sich vertraglich nicht gut beschreiben. Beckers hatte in der Vergangenheit auch immer wieder die LuFV zwischen Bund und DB kritisiert, weil die Kontrollkriterien zwar erfüllt wurden, aber auf Kosten nicht vertraglich fixierter Qualitätsmerkmale.

ADAC hin- und hergerissen

ADAC-Vizepräsident Ulrich Klaus Becker sprach sich zwar grundsätzlich für ein Ende der Kleinstaaterei im Straßenbau und eine bundesweit einheitlich leistungsfähige Straßenbauverwaltung aus. Der Verband sei aber eher für ein evolutionäres als revolutionäres Vorgehen. Rückendeckung erhielt er von Asfinag-Vorstandsdirektor Klaus Schierhackl, der darauf verwies, dass in Österreich die Länder nach der Gründung der Asfinag die Autobahnen noch zehn Jahre per Werkvertrag betreut haben.

Christian Pegel warnt vor verlorener Managementkapazität

Mecklenburgs Verkehrsminister Christian Pegel, zugleich Vorsitzender der Verkehrsministerkonferenz, sprach sich erwartungsgemäß für eine reformierte Auftragsverwaltung aus. Wenn er auf WSV und Bahn blicke, zweifle er daran, dass die zentrale Lösung die bessere sei. Er warnte davor, dass der Aufbau einer Bundesautobahngesellschaft anstelle der Auftragsverwaltung im derzeitigen Investitionshochlauf unnötig Managementkapazität binde. Schon die Umorientierung der Straßenbauverwaltung in seinem Land von „Neubau“ auf „Erhalt“ habe viel Energie gekostet.

Den ebenfalls anwesenden Leiter der Abteilung Straßenbau im BMVI bat Pegel, endlich eine Liste mit konkreten Kritikpunkten an der Auftragsverwaltung vorzulegen, um sie Punkt für Punkt abarbeiten zu können.

„Regionale Unterschiede auch in zentralen Organisationen“

Krause selbst begründete das Plädoyer seines Hauses für die Autobahngesellschaft unter anderem damit, dass die Leistungsfähigkeit der Verwaltungen in den Ländern stark auseinanderklaffe. Pegel hielt dem entgegen, dass dies auch in zentralen Organisationen wie der WSV regionale Unterschiede gebe, die von den handelnden Köpfen abhingen. Krause räumte ein, dass das BMVI mit seinen Überlegungen für die die Bundesautobahngesellschaft noch nicht fertig sei. (roe)

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