- Szenario 1 – Weiterentwickelte Auftragsverwaltung
- Szenario 2 – weiterentwickelte Auftragsverwaltung mit Finanzierungsgesellschaft
- Szenario 3 – Bundesautobahngesellschaft
- Gutachter plädieren vorsichtig für Finanzierungsgesellschaft-Modell
Die Bodewig-II-Kommission neigt zu einer Weiterführung der Bund-Länder-Auftragsverwaltung für die Bundesfernstraßen, allerdings ergänzt um eine zentrale Finanzierungsgesellschaft. Das geht aus einem „Szenarienbericht“ hervor, der bei einer Kommissionssitzung am Montag diskutiert werden soll und dem Verkehrsbrief vorliegt. Verglichen wurden eine weiterentwickelte Auftragsverwaltung (Szenario 1), eine weiterentwickelte Auftragsverwaltung mit Finanzierungsgesellschaft (2) und eine Bundesfernstraßengesellschaft bzw. Bundesautobahngesellschaft (3).
Szenario 1 – Weiterentwickelte Auftragsverwaltung
Konkret vorgeschlagen werden folgende Maßnahmen:
- Eine höhere Beteiligung des Bundes an den Planungskosten für Vorrangprojekte, damit die Länder eine Planungsreserve unabhängig von den Landeshaushalten schaffen können. Zu prüfen sei das Gegenargument des Bundes, dass eine höhere Bundesbeteiligung an Planungskosten der Länder zu einer Verringerung der Investitionsmittel führen könnte.
- Vereinfachung der Genehmigungsabläufe zwischen Bund und Ländern bei baulich-investiven Leistungen, unter anderem Anhebung der Schwellenwerte, ab denen eine Genehmigung durch den Bund notwendig ist. In der Praxis vergehen laut Bericht zwischen der Vorlage des RE-Entwurfes („ Richtlinien zum Planungsprozess und für die einheitliche Gestaltung von Entwurfsunterlagen im Straßenbau“) beim BMVI und dem Gesehen-Vermerk („grünes Licht“ für weitere Planung und Auftragsvergabe) bis zu 30 Monate.
- Abbau von Doppelstrukturen bei Bund und Ländern für Prüfung der Planunterlagen, für Auftragsvergaben und Controlling-System.
- Vorausschauende Bedarfsplanung mit den zugehörigen Finanzierungsmitteln, damit es verlässliche Grundlagen für Planungsvorlauf und Personalkapazitäten in den Verwaltungen gibt. Negativbeispiel seien Investitionspakete/Baufreigaben wie in diesem Sommer mit einem Volumen von 2,7 Mrd. EUR. Sonderprogramme schafften „aufgrund ihrer Nicht-Planbarkeit vor allem bei der Ressourcen- und Personalplanung ständig neue Herausforderungen und Ineffizienzen“. Spekulative Vorratsplanung als Reaktion darauf sei aber eigentlich „eine völlige Fehlentwicklung“.
- Die Länder bestrafen sich selbst und „beschenken“ den Bund, wenn sie im Rahmen von Streckenkontrollen Reparaturen in Eigenleistung und damit außerhalb der Erhaltungstitel im Bundeshaushalt leisten. Nicht alle Länderfinanzminister spielten dabei mit. Das dann erforderliche Warten auf Genehmigung der Reparatur durch den Bund führe so zu weiteren Verzögerungen.
Szenario 2 – weiterentwickelte Auftragsverwaltung mit Finanzierungsgesellschaft
In diesem Szenario wird eine „Kapitalsammelstelle“ (Sondervermögen/Finanzierungsgesellschaft) auf Bundesebene hinzugefügt, die primär aus Steuermitteln und Maut gespeist wird. Denkbar seien aber auch private Kapitalanlagemöglichkeiten (Anleihen).
- Ziel ist eine verstetigte mehr- und überjährige Finanzierung, die eine kontinuierliches Planen und Bauen ermöglicht. Damit werde „Herbst- oder Dezemberfieber“ vermieden. Außerdem könnten die Länder die Personalkapazitäten verlässlich hochfahren.
- Die Bundes-Kapitalsammelstelle sollte so ausgestaltet werden, dass perspektivisch das Andocken von analogen Länder-Kapitalsammelstellen möglich ist. Indirekt klingt in diesem Zusammenhang die Forderung an, die Nutzerfinanzierung mit einem Mautsystem „aus einer Hand“ auf Landes- und Kommunalstraßen auszuweiten.
- Zur parlamentarischen Kontrolle heißt es nur, es könnten „beispielsweise für den Erhaltungs- und Betriebsbereich Vorgaben Kontrollmöglichkeiten geschaffen werden“.
Szenario 3 – Bundesautobahngesellschaft
Angenommen wird eine privatrechtlich – wahrscheinlich als GmbH – organisierte Bundesautobahngesellschaft, die:
- Kernkompetenzen wahrnehmen und selber tätig werden kann, aber auch private Unternehmen beauftragen kann;
- die Zentralfunktionen in der Bundesgeschäftsstelle bündelt und voraussichtlich dezentrale Dienststellen/Niederlassungen in der Fläche einrichtet;
- die Landespersonal – unter Umständen in großem Umfang – mit allen Lasten (Renten-/Pensionsverpflichtungen) übernimmt;
- die überjährig und „zugriffsfest“ aus Maut- und Steuermitteln finanziert wird sowie begrenzte Kreditfähigkeit erhält.
Das Eigentum an Autobahnen und Bundesstraßen verbleibt laut Annahme beim Bund.
Die Autoren des Bericht erkennen eine erhebliche Effizienzsteigerung für Bau und Betrieb der Autobahnen, die jedoch hauptsächlich in der Finanzstruktur und der Mittelausstattung begründet liegt. Kritische Punkte gebe es aber viele:
- Die Gründungskosten dürften gering sein. Unklar seien aber die Folgekosten für die Personalübernahme, die Ausgleichszahlungen und die Mehrkosten auf Seiten der anderen Baulastträger.
- Weil kein ausgearbeitetes Konzept des Bundes vorliegt, sei keine Einschätzung möglich, ob diese Struktur die parlamentarische Kontrolle sicherstellt und keinen Schattenhaushalt verursacht.
- Nachteil wäre, dass die Finanzmittel für die Bundesstraßen und das übrige Netz weiterhin nicht überjährig sind.
- Durch eine Trennung zwischen Autobahn und nachgeordnetem Netz wäre eine Optimierung des Gesamtverkehrsflusses und eine komplette Engpassbeseitigung nur sehr begrenzt möglich. Bei einer reinen Autobahngesellschaft kann eine integrierte Netzbetrachtung nicht mehr stattfinden. Eine reine Bundesautobahngesellschaft würde in der Konsequenz auch bedeuten, dass verschiedene Achsen verkehrlich und in ihrer Bedeutung faktisch zurückgestuft werden.
- Die Gründung einer Autobahngesellschaft würde Anwerbesog auf das Planungspersonal erzeugen und damit die prekäre Situation für die Länder verschärfen.
Gutachter plädieren vorsichtig für Finanzierungsgesellschaft-Modell
Die Autoren des Berichts räumen ein, dass kein Szenario völlig befriedigt. Schwachstelle von Szenario 1 (weiterentwickelte Auftragsverwaltung) sei, dass die unstetige Finanzierung nicht gelöst sei. Die Bundesautobahngesellschaft (Szenario 3) biete zwar die optimale Finanzierungsstruktur für die Autobahnen, schaffe aber in der Konsequenz kostenintensive Bund-/Länder-Doppelstrukturen, die den Prozessablauf behindern.
Die weiterentwickelte Auftragsverwaltung mit Finanzierungsgesellschaft hingegen „könnte zumindest als Basis weiterer Überlegungen und Verhandlungen dienen.“ Bei denkbaren Modifikationen sollte vor allem die nachholende Sanierung im Mittelpunkt stehen. (roe)