- Erstmals Infrastrukturbetrachtung bis auf Mikroebene
- Konkrete Maßnahmenvorschläge aus Fahrplankonflikten abgeleitet
- Güterverkehr auf Hauptachsen wird ausgebremst
- Mofair fordert vom BMVI Klarheit über weiteres Vorgehen
Ein Deutschland-Takt im Schienenpersonenfernverkehr ist grundsätzlich machbar, kann aber wegen der nötigen Anpassungen der Infrastruktur nur schrittweise über Jahre eingeführt werden. Außerdem muss die Infrastruktur teilweise zusätzlich ausgebaut werden, um den Güterverkehr noch marktgerecht abwickeln zu können. Das ist das Fazit aus der Machbarkeitsstudie Deutschland-Takt. Das lang erwartete Papier hat das BMVI in diesen Tagen in aller Stille veröffentlicht.
Erstmals Infrastrukturbetrachtung bis auf Mikroebene
Ausgangspunkt für die Studie war die Feststellung, dass der Schienenfernverkehr seit Jahren sein Potenzial nicht ausschöpft, weil für viele Reisende der Fahrzeitvorteil der Schiene durch lange Umsteigezeiten verloren geht. Daher sollte untersucht werden, wie in Deutschland ein integraler Taktfahrplan mit fest definierten Umsteigeknoten zur Minute 00 oder 30 die Reisezeiten verbessern kann, und welche Anpassungen der Infrastruktur dafür nötig sind. Für die Studie wurde ein Netzmodell herangezogen, das das gesamte Bestandsnetz mit allen Details sowie ausgewählte Aus- und Neubaumaßnahmen umfasst, die 2025 beziehungsweise 2030 als „in Betrieb“ unterstellt werden.
Konkrete Maßnahmenvorschläge aus Fahrplankonflikten abgeleitet
Auf dieser Basis haben die Gutachter versucht, einen Fahrplan zu konstruieren, und bei Bedarf konkrete Aus- und Umbaumaßnahmen vorgeschlagen, die für eine Realisierung notwendig wären. Die Spanne beginnt bei kleinen Maßnahmen wie der Vorverlegung von Einschaltkontakten für beschrankte Bahnübergänge, um höhere Geschwindigkeiten zu ermöglichen, bis hin zu faktischen Neubaustrecken wie der „Dresdner Bahn“ zwischen Berlin-Südkreuz und dem Berliner Außenring. Bemerkenswert ist, dass die Gutachter als Grundgerüst zahlreiche heutige ICE-Linien herangezogen haben, zum Beispiel Berlin-Göttingen-Frankfurt-Basel oder Berlin-Hannover-Köln, ohne sie grundsätzlich zu hinterfragen.
Güterverkehr auf Hauptachsen wird ausgebremst
Als Problem hat sich herausgestellt, dass der zusätzliche Fernverkehr auf einigen Hauptachsen massive Engpässe für den Güterverkehr verursacht. So seien auf der Relation Relation Maschen ? Magdeburg nur etwa zwei Drittel der prognostizierten Güterzüge fahrbar. Der Engpass Fulda?Hanau bewirke, dass auf der Relation Bebra ? Mannheim mindestens 20 Prozent des prognostizierten Güterverkehrs nicht marktgerecht abgewickelt werden könnte. Vom Engpass der Rheinschiene zwischen Köln und Mannheim seien etwa 25 Prozent der prognostizierten Güterzüge betroffen. Auch für die Güterverkehrsengpässe haben die Gutachter konkrete Vorschläge gemacht.
Alle Maßnahmen sind in dem umfangreichen Anlagenband aufgeführt. Nach einer groben Schätzung des Verkehrsbriefs dürfte sich das Gesamtvolumen auf deutlich über 10 Mrd. EUR belaufen.
Mofair fordert vom BMVI Klarheit über weiteres Vorgehen
Der NE-Bahn-Verband Mofair kritisierte gegenüber dem Verkehrsbrief, dass das BMVI offenbar keinen Zeitplan für den weiteren Umgang mit den Ergebnissen der Studie hat. Es sei noch völlig offen, ob und wie sie umgesetzt werde. Zudem werde nicht klar, in welchem Verhältnis der in der Studie geplante Deutschland-Takt zur im März angekündigten DB-Fernverkehrsoffensive „Deutschland im Takt“ stehe. (roe)