- Verwaltung muss auch im Umbau arbeitsfähig bleiben
- Dobrindt: Regionale Unterschiede nicht mehr hinnehmbar
- Groschek: Grundgesetzänderung „hat ihren Preis“
- Auch ohne formale Staatsgarantie bleibt Risiko beim Steuerzahler
Eine künftige Bundesautobahngesellschaft sollte als schlanke Gewährleistungsgesellschaft aufgestellt sein. Ein solches Modell skizzierte Thomas Böger, Geschäftsführer bei der Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft (VIFG), am Dienstag auf der Infrastrukturkonferenz der Tageszeitung Die Welt. „Ich habe mich gewundert, warum wir nicht offen darüber diskutieren, ob wir einen eigenen Betriebsdienst brauchen“, sagte er mit Verweis auf Thüringen, wo der Straßenbetriebsdienst seit Jahren an Private vergeben wird. Schon jetzt sei die Betriebsdienst-Landschaft auf den Autobahnen durch die verschiedenen ÖPP-Projekte sehr heterogen. Der Betriebsdienst könnte im übrigen auch für mittelständische Unternehmen sehr interessant sein.
Verwaltung muss auch im Umbau arbeitsfähig bleiben
Böger wies darauf hin, dass rund 20.000 Beschäftigte in den Landesauftragsverwaltungen, der VIFG und Deges von einer Strukturänderung betroffen sein würden. Auch während des Umbaus müsse die Funktionsfähigkeit sichergestellt sein – erst recht angesichts des Investitionshochlaufs. Er betonte, dass der Hauptzweck einer solchen Gesellschaft sein müsste, das Geld langfristig sicherzustellen und damit Investitionssicherheit zu schaffen.
Dobrindt: Regionale Unterschiede nicht mehr hinnehmbar
Zuvor hatte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt deutlich gemacht, dass für seinen Vorstoß zugunsten einer Bundesautobahngesellschaft die extrem unterschiedliche Aufstellung der Länderauftragsverwaltungen sei. Das werde bei den Straßenbaufreigaben, die er im Juli bekanntgeben will, noch einmal deutlich sein: Einem Land, das null baureife Bundesfernstraßenprojekte habe, könne er auch keine Freigaben erteilen, sagte er unter Anspielung auf Schleswig-Holstein. Am anderen Ende stünde ein Land mit baureifen Projekten im Umfang von 1,5 Mrd. EUR. „Wir als Bund können es uns nicht leisten, dass Regionen auf Dauer zurückbleiben“, betonte er.
Groschek: Grundgesetzänderung „hat ihren Preis“
NRW-Verkehrsminister Michael Groschek zeigte sich skeptisch. Eine Bundesautobahngesellschaft würde eine Filetierung des Bundesfernstraßennetzes bedeuten: Das vom Verkehrsvolumen her interessante A-Netz würden durch ÖPP-V-Modelle abgesichert, während das B-Netz verrotte. Die für die Autobahngesellschaft notwendige Grundgesetzänderung werde kompliziert „und wird ihren Preis haben“. Auch Finanzstaatssekretär Werner Gatzer räumte ein, dass „nicht alle Länder“ mit der Idee einer Bundesautobahngesellschaft einverstanden sind. Er glaube aber, dass sie am Ende doch einer Grundgesetzänderung zustimmen werden. Groschek plädierte für eine Wiedereinsetzung der Bodewig-Kommission, um diese Themen sorgfältig zu beraten.
Auch ohne formale Staatsgarantie bleibt Risiko beim Steuerzahler
Ein weiterer Streitpunkt war die Einbindung von privatem Kapital bei einer Bundesautobahngesellschaft. Gatzer stellte die rhetorisch Frage, ob der Investitionsbedarf mit der Suche der Lebensversicherer nach neuen Anlagemöglichkeiten verbunden werden könnte, und beantwortete sie mit Ja. Es sei schwierig, den Versicherern langlaufende Bundesanleihen zu Niedrigzinsen zu verkaufen. Böger machte allerdings darauf aufmerksam, dass auch beim formalen Verzicht auf eine Staatsgarantie – wie von der Versicherungsbranche zwecks besserer Verzinsung gefordert – noch immer eine implizite Staatsgarantie im Raum stehe. Damit deutete er an, dass letztlich doch der Steuerzahler zahlen müsse, wenn etwas schiefgehe. (roe)