Nur noch zwei Europäer auf deutschen Schiffen Pflicht

  • Dobrindt: Schiffsmechaniker wird nicht durch Gesetz gesichert
  • Arbeitnehmervertreter entrüstet über VDR-Alleingang
  • „Bund soll nach zwei Jahren evaluieren“
  • Wilms: In der Sache richtig, aber in der Methode falsch

Die Schiffsbesetzungsverordnung wird auch ohne Zustimmung der maritimen Arbeitnehmerverbände gelockert. Das sieht ein „kleines maritimes Bündnis“ zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Flagge vor, das BMVI und der Reederverband VDR in der vergangenen Woche unterschrieben haben.

Wie ein VDR-Sprecher erläuterte, umfasst die Vereinbarung Zusagen des Bundes und der Reederschaft:

Das BMVI sagt zu:

  • Flexibilisierung der Schiffsbesetzungsverordnung: Künftig müssen nur noch zwei europäische Seeleute an Bord dieser Schiffe beschäftigt werden
  • Erhöhung des Lohnsteuereinbehalts auf 100 Prozent
  • Erstattung des Arbeitgeberanteils zur gesetzlichen Sozialversicherung für Seeleute an Bord von Schiffen unter deutscher Flagge

Die Reederschaft im VDR sagt unter der Voraussetzung, dass der Bund sein Maßnahmenpaket vollständig umsetzt, zu:

  • Stabilisierung und Steigerung der Zahl der hiesigen Seeleute „im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Möglichkeiten“
  • Auch ohne die Beschäftigungspflicht für Schiffsmechaniker wollen die Reeder die bisherigen Arbeitsverhältnisse von Schiffsmechanikern weiterführen. An der Ausbildung von Schiffsmechanikern, „die eine ausgezeichnete Grundlage für eine nautische oder technische Offizierslaufbahn ist“, wollen die Reeder ausdrücklich festhalten.
Dobrindt: Schiffsmechaniker wird nicht durch Gesetz gesichert

Auf dem VDR-Reederessen hat Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt dazu nach Angaben des Verbandes gesagt: „Dass wir uns von der bisherigen Vorschrift ‚vier Besatzungsmitglieder‘ entfernen und zukünftig noch zwei Besatzungsmitglieder aus der EU vorschreiben, ist ein Weg in die richtige Richtung. (…) Ich bin heute so sicher wie niemals zuvor: Die Zukunft des Schiffsmechanikers wird nicht durch das Festschreiben im Gesetz gesichert. Die Zukunft des Schiffsmechanikers wird gesichert, wenn wir die Wettbewerbsfähigkeit der Reeder und der Schiffe sichern.“

Arbeitnehmervertreter entrüstet über VDR-Alleingang

Verdi, der Verband deutscher Kapitäne und Schiffsoffiziere (VDKS) und die Vereinigung deutscher Schiffsingenieure (VDSI) protestierten am Dienstag gegen die ihrer Ansicht nach isolierte Absprache von BMVI und VDR. Sie kritisierten unter anderen, dass Subventionen und Fördermaßnahmen einseitig ohne Verpflichtung zu einer Gegenleistung wie Zusagen für Ausbildung und Beschäftigung zugesagt wurden, und eine geänderte Schiffsbesetzungsverordnung nicht geeignet sei, dass maritime Know-how zu sichern.

„Bund soll nach zwei Jahren evaluieren“

Sie forderten den Bund auf, die geplanten Maßnahmen an eine langfristige Arbeitsplatzgarantie der Reeder zum Erhalt von Ausbildung und Beschäftigung in derzeit bestehendem Umfang zu knüpfen. Außerdem solle der Bund die Ergebnisse der geplanten Veränderungen innerhalb von zwei Jahren evaluieren. Falls sie nicht zu einer Verbesserung von Ausbildung und Beschäftigung sozialversicherter deutscher Seeleute führten, seien sie zu korrigieren.

Wilms: In der Sache richtig, aber in der Methode falsch

Die Grünen-Schifffahrtsexpertin Valerie Wilms begrüßte die Pläne des BMVI als in der Sache richtig: „Die Bundesregierung muss ran an die Schiffsbesetzungsverordnung. Sie ist eine große Hürde im weltweiten Wettbewerb der Schifffahrt“, erklärte sie gegenüber dem Verkehrsbrief. Das Vorgehen Dobrindts ähnele aber dem eines Elefanten im Porzellanladen: „Dabei das Maritime Bündnis aufs Spiel zu setzen, ist absolut unnötig.“ (roe)

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