Neue A40-Rheinbrücke soll auf „Turboliste“

Michael Groschek (links) und Christian Weibrecht
Michael Groschek (links) und Christian Weibrecht

Duisburg. Auch der Ersatzneubau für die marode Rheinbrücke Neuenkamp im Zuge der A40 bei Duisburg soll wie die Leverkusener Rheinbrücke möglichst in die „Turboliste“ des Bundesfernstraßengesetzes (BFStrG) aufgenommen werden. Eine entsprechende Initiative zur Ergänzung des bereits vorliegenden Gesetzentwurfes kündigten NRW-Verkehrsminister Michael Groschek und Christian Weibrecht vom BMVI  bei einem Pressegespräch in Duisburg an. Nach Wunsch von Groschek soll davon auch die Rader Hochbrücke profitieren. Dafür hatte sich der Bundesrat beim ersten Durchgang stark gemacht. Das Bundeskabinett wird sich nach Aussage von Weibrecht am 11. März mit dem Gesetzentwurf sowie der Stellungnahme des Bundesrates befassen und ihn dann dem Bundestag zuleiten. Mit der der Aufnahme eines Projektes in den Anhang des BFStrG wird der Instanzenzug für Klagen gegen die Planung auf eine einzige Instanz vor dem Bundesverwaltungsgericht verkürzt.

Weibrecht warnte allerdings davor, zu viele Projekte in die „Turboliste“ aufzunehmen: Das Bundesverwaltungsgericht, das in diesen Fällen auch den Sachverhalt erhebt und nicht nur die Entscheidungen der Vorinstanzen überprüft, dürfe nicht überlastet werden.

Ersatzneubau nicht vor 2022

Udo Pasderski von der Bund-Länder-Planungsgesellschaft Deges, die mit der Planung des Ersatzneubaus beauftragt ist, stellte dessen Fertigstellung bis 2025/2026 in Aussicht. Derzeit werde eine Machbarkeitsstudie erarbeitet, die die grundsätzlichen Fragen klären soll. Er zeigte sich zuversichtlich, 2016 den technischen Entwurf fertigzustellen. Das Planfeststellungsverfahren könne dann Ende 2016 eingeleitet werden. Diese dauere nach Erfahrungen der Deges 1,5 bis 2 Jahre. Ein Baubeginn sei 2019/2020 möglich. Ohne sich für den konkreten Fall festlegen zu wollen, skizzierte

Pasderski das übliche Vorgehen mit zwei Teilbauwerken: Das erste werde parallel zur alten Brücke errichtet und könne schätzungsweise ab 2022/23 übergangsweise den Verkehr in beiden Richtungen aufnehmen. Anschließend werde die alte Brücke abgerissen und auf ihrem alten Standort das zweite Teilbauwerk errichtet, dessen Fertigstellung für 2025/26 zu erwarten ist. In den Medien genannten Kostenschätzungen von 200 Mio. EUR widersprach Pasderski nicht, wies allerdings darauf hin, dass im jetzigen frühen Planungsstadium verlässliche Schätzungen nicht möglich sein. Pasderski kündigte an, schon in diesem Jahr mit der Erfassung von Tier- und Pflanzenwelt sowie der Altlastensondierung zu beginnen, um später nicht Zeit zu verlieren.

Hartes Vorgehen gegen Lkw-Sünder angekündigt

Um LKW während der Schweißarbeiten ab dem Abend des 6. März wirksam von der Brücke fernzuhalten, will der Landesbetrieb Straßen NRW zu ungewöhnlichen Maßnahmen greifen. Dies sei offenbar nötig, denn Verbotsschilder allein würden offenbar nicht respektiert. An einem Samstag im Februar, an dem wegen Schweißarbeiten ebenfalls ein LKW-Fahrverbot verhängt worden sei, seien trotzdem 2500 LKW auf der Brücke gezählt worden, sagte Imke Halbauer von der Autobahnniederlassung Krefeld. Daher während der jetzt anstehenden fünfwöchigen Schweißarbeiten die verbleibende Fahrspur Richtung Essen auf 2,10m verengt, kündigte Imke Halbauer an.

 

Die einspurige  Verkehrsführung Richtung Essen (Blick aus einem Linienbus)
Die einspurige Verkehrsführung auf der Brücke in Richtung Essen (Blick aus einem Linienbus)

Straßen NRW kann dabei auf die Unterstützung der verladenden Wirtschaft zählen, machte Gerd Deimel von der Logistikinitiative des Chemieverbandes VCI deutlich. Groschek kündigte außerdem Gewichtsblitzer und verstärkte Polizeikontrollen an, Weibrecht will das BAG einsetzen. Bei Verstößen gegen die LKW-Fahrverbote sei nicht nur mit empfindlichen Bußgeldern und Gewinnabschöpfung zu rechnen, sondern im Wiederholungsfall auch mit Stilllegung des Fahrzeugs. Wie Deimel, der selbst Ingenieur ist, erläuterte, dürfe die Brücke beim Schweißen nicht schwingen. Jeder Schweißvorgang, der wiederholt werden müsse, schwäche das Material zusätzlich.

Halbauer geht nach heutigem Stand davon aus, dass die Brücke nach Abschluss der Reparaturen wieder zweispurig und auch mit LKW befahren werden kann.

Rächt sich Missbrauch des Standstreifens?
Die Schrägstreben sind die Sorgenkinder der Rheinbrücke Neuenkamp
Die Schrägstreben sind die Sorgenkinder der Rheinbrücke Neuenkamp

Hauptproblem bei der Rheinbrücke Neuenkamp, die in technischer Hinsicht als Schwester der Leverkusener Rheinbrücke gilt, sind die Schrägstreben, die die jeweils äußeren Fahrbahnen stützen, erläuterte Nicole de Witt von Straßen NRW. Bei einer Untersuchung Ende Februar sind unter der Fahrbahn Richtung Essen Risse an drei nebeneinanderliegenden Schrägstreben gefunden worden. Damit habe die Gefahr eines „Reißverschlussversagens“ bestanden – dass also eine Schrägstrebe nach der anderen bricht. Deswegen sei die Fahrbahn auf eine Spur verengt worden, die auf dem Brückenkasten verläuft. Damit werden die Schrägstreben nicht mehr beansprucht. Ob es noch weitere schwerwiegende Schäden gibt, wird derzeit untersucht. 20 Prozent des Prüfungsprogramms seien noch offen.

Von Mitarbeitern von Straßen NRW war unterschwellig herauszuhören, dass die jahrelange Nutzung des Standstreifens als zusätzliche Fahrspur – und zwar ausgerechnet durch schwere LKW – die Brücke zusätzlich geschwächt habe. Unter Gesichtspunkten der Brückenschonung wäre es eigentlich am besten, wenn die Lkw auf der jeweils brückeninnersten Spur – also links – und die leichten Pkw außen fahren würden, war zu hören. Bisher gebe es aber keine funktionierende Verkehrslenkungsmodelle, um eine solche „Carrerabahnkreuzung“ zu ermöglichen. Dem Vernehmen nach ist aber eine Diplomarbeit zu diesem Thema in Auftrag gegeben worden. (roe/Fotos: roe)

Schreibe einen Kommentar