In Anwesenheit von Verkehrsstaatssekretär Norbert Barthle ist am Dienstag Deutschlands erste öffentliche Tankstelle für Flüssigerdgas (LNG) eröffnet worden.

Sie steht im Gewerbegebiet Freienbrink auf dem Gelände der Lebensmittelspedition Ludwig Meyer im Osten Berlins und ist montags bis freitags von 6 bis 22 Uhr zugänglich. Bisher gab es nur zwei nichtöffentliche LNG-Tankstellen, und zwar in Ulm und Bremen.
Die Spedition ist auch der Pilotkunde, der mit 20 LNG-Sattelzugmaschinen die Grundauslastung sicherstellt. Die Beschaffung der Fahrzeuge vom Typ Iveco Stralis 440S40 T/P wurde mit insgesamt 360.000 EUR vom BMVI gefördert. Die gesamten Mehrkosten je Fahrzeug bezifferte Friedrich Lesche von Iveco auf 40-45.000 EUR.

Die Tankstelle selbst wurde aus EU-Mitteln des Blue-Corridor-Programms gefördert, mit dem an den wichtigsten europäischen Verkehrskorridoren die Versorgung mit alternativen Kraftstoffen sichergestellt werden soll. Betreiber der Tankstelle ist Liqvis, die LNG-Tochter der Eon-Abspaltung Uniper. Vorerst besteht die Tankstelle aus einem fest aufgestellten Sattelauflieger mit Tankstellenausstattung. In einer zweiten Ausbaustufe soll im Frühjahr 2018 eine modulare LNG-Tankstelle in der Nachbarschaft des Betriebsgeländes entstehen. Beliefert wird die Tankstelle aus Antwerpen, Zeebrugge oder dem Gasterminal im polnischen Swinemünde.
Der Tankvorgang dauert je Fahrzeug ungefähr fünf Minuten. Derzeit sind 60 Tankvorgänge pro Woche für die Meyer-Lkw vorgesehen; wieviele externe Kunden hinzukommen, ist noch nicht abzusehen. Iveco werde jedenfalls seine Spediteure anhalten, bei Fahrten nach Skandinavien und ins Baltikum jetzt auch LNG-Lkw einzusetzen.
Vorteile von LNG gegenüber Druckerdgas (CNG) sind aus betrieblicher Sicht die ungefähr drei Mal so hohe Energiedichte und die damit verbundene größere Reichweite, die im Falle der Meyer-Sattelzugmaschinen mit 1200km beziffert wird. Aus Umweltsicht bestehen keine Unterschiede: In beiden Fällen wird der Motor wie ein Ottomotor mit Fremdzündung betrieben, was wesentlich weniger Lärm zur Folge hat und auch in dichter besiedelten Gebieten die Belieferung von Lebensmittelmärkten in der Nacht ermöglicht. Statt der aufwendigen Abgasreinigung wie beim Euro-VI-Dieselmotor genügt ein Dreiwege-Katalysator wie beim Benzin-Pkw. Feinstaub entsteht überhaupt nicht.
Barthle hob hervor, dass LNG wegen der Möglichkeit zur Erzeugung aus Biomethan oder der strombasierten Synthese (Power to Gas/PtG) auch eine geeignete Brückentechnologie zur CO2-Einsparung sei.
Iveco-Vertreter bedauerten einhellig, dass Deutschland beim LNG-Lkw massiv hinter Frankreich und Italien hinterherhinkt. Derzeit sind europaweit 800 LNG-Lkw von Iveco im Einsatz, bis Ende 2018 sollen es 1800 sein. Neben Iveco befassen sich auch Volvo und Scania mit LNG-Antrieben, sind aber noch nicht in der Serienproduktion. (roe)