Am morgigen Freitag wird die Bodewig-II-Kommission den „Prozessoptimierungsbericht“ beraten. Im Gespräch mit dem Verkehrsbrief erläuterte der Kommissionsvorsitzende Kurt Bodewig die Vorteile des Konzepts im Vergleich zur bisherigen Auftragsverwaltung, aber auch gegenüber der vom Bund favorisierten Bundesfernstraßengesellschaft.

Herr Bodewig, das von der Kommission skizzierte Besteller-Ersteller-Prinzip sieht vor, dass die Straßenbauverwaltungen die Planungskosten in voller Höhe erstattet bekommen. Übernehmen die Länder dann auch das Risiko von Mehrkosten wegen Planungsmängeln?
Das wird immer ausgehandelt: Der Bund sagt genau, was er will, und nennt den Preis, zu dem dies erfolgen soll. Wenn das von den Ländern akzeptiert ist, ist damit die Grundlage gelegt. Insofern werden ‚Mehrkosten‘ nicht mehr entstehen – und wenn sie doch entstehen, ist dafür eine Regelung zu finden. Für den Bund besteht in dieser Konstruktion der große Vorteil, dass er sehr genau kalkulieren und definieren kann, was er für sein Geld erhält. Die bisherigen Regelungen zu Planungskosten fallen weg. Alles wird Bestandteil des Preises, der in einem solchen Besteller-Auftragnehmer-Verhältnis definiert wird.
Die sehr unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Länderverwaltungen ist eines der Hauptargumente des Bundes für seine Fernstraßengesellschaft. Welche Lösung bieten Sie an im Falle von Ländern, deren Straßenbauverwaltungen nicht einmal mehr die Bauherrenfunktion wahrnehmen können?
Die erste Option ist natürlich, dass die Straßenbauverwaltungen oder Straßenbaubetriebe es entweder selber können oder Kooperationsformen zum Beispiel mit Nachbarländern entwickeln. Dafür gibt es schon jetzt Beispiele. Darüber hinaus können sie natürlich für die Realisierung Leistungen Dritter einkaufen, zum Beispiel privater Ingenieurbüros. Würde dies alles nicht nicht funktionieren – woran ich aber nicht glaube! – dann würde man über die grundgesetzliche Möglichkeit zur Abgabe der Auftragsverwaltung an den Bund nachdenken müssen.
Viel ist vom Lebenszyklusansatz die Rede, sonderlich konkret wird es nicht – abgesehen vom Wunsch nach überjähriger Finanzierung. Wie wäre es im optimierten System möglich, analog zu ÖPP schon in der Planungs- und Bauphase Betrieb und Erhaltung über die gesamte Lebensdauer zu berücksichtigen?
Das kann Gegenstand des jeweiligen Auftrags sein – wenn der Bund es möchte. Es ist unser aller Ziel, die Aufwendungen über den gesamten Lebenszyklus zu reduzieren.
Eine privatwirtschaftlich organisierte Bundesfernstraßengesellschaft könnte auch Planungspersonal gewinnen, das nicht bereit ist, für TVöD oder Beamtenbesoldung zu arbeiten. Welche Lösungen könnten die Länder da anbieten?
Geld ist eine wichtige, aber nicht die ausschließliche Form der Motivation für Beschäftigte. Wenn die Länder etwa im Bereich der Arbeitsorganisation zusätzliche Perspektiven bieten können – zum Beispiel gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf -, ist die Arbeit auch im bestehenden System reizvoll. Bei der Gründung einer Bundesfernstraßengesellschaft würde der Bund mit attraktiven Angeboten die Besten abwerben und die Länder allein lassen – auf einen solchen Wettlauf können sich die meisten Länder schon aufgrund ihrer finanziellen Situation nicht einlassen.
Im Bericht wird in den Raum gestellt, dass sich die Optimierung in zwei Jahren durchziehen lässt, während für das Modell des Bundes zehn Jahre notwendig seien. Glauben Sie an die zwei Jahre?
Auf jeden Fall dauert eine Optimierung des bestehenden Systems nur einen Bruchteil der Zeit, den der Aufbau einer Bundesfernstraßengesellschaft in Anspruch nehmen würde – nahezu eine Dekade muss man rechnen. Die Frage treibt mich wirklich um: Ich halte es für sehr schwierig, gar kontraproduktiv, einen derart grundlegenden Umbau der Verwaltung vorzunehmen, wie ihn der Bund vorschlägt, während wir gerade einen solchen Aufwuchs von Investitionen haben. Jeder Umbau ist mit Friktionen verbunden. (roe)