Niedersachsen und Hamburg werben für Schleuse Scharnebeck

  • Kanal-Bündnis: In Transportketten denken
  • Grünen-Verkehrsexpertin Wilms sieht Chance für Verschonung der Elbe
  • Reichweite der 10 Mio. EUR Planungsmittel strittig
  • Hamburger Hafen arbeitet an „Willkommenskultur“ für Binnenschiff

Ergänzt 30.10. Trotz der Freigabe von weiteren 10 Mio. EUR Planungsmitteln für die Schleuse Lüneburg-Scharnebeck am Elbe-Seitenkanal (siehe hier) sehen es Hamburg und Niedersachsen sowie die Verbände noch nicht als ausgemacht an, dass es das Projekt in den BVWP 2015 schafft. Das ließen Wirtschafts- und Verkehrssenator Frank Horch sowie Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies bei einem Pressegesprächs in der Landesvertretung Hamburg am Donnerstagabend durchblicken. Lies mahnte eine politische Entscheidung an. „Möglicherweise ist es nicht sinnhaft, solange an den Bewertungsschrauben zu drehen, bis die Schleuse Lüneburg über die ‚1‘ kommt“, sagte er mit Bezug auf das dem Vernehmen nach schlechte Nutzen-Kosten-Verhältnis (NKV). Wer Verkehre auf das Binnenschiff verlagern wolle, müsse es so wirtschaftlich machen, dass es mit anderen Verkehrsträgern konkurrieren könne. Durch politische Zielsetzungen lasse sich Verkehr nicht verlagern.

Lies äußerte den Wunsch, dass die neue Schleuse schon 2025 in Betrieb gehe. Mit den wesentlichen Naturschutzverbänden sei grundsätzliches Übereinkommen erzielt worden. Klagen von Grundstückbesitzern seien nicht zu erwarten, weil das gesamte Gelände der WSV gehöre. Die Planung sei reif für die Planfeststellung, es fehle lediglich die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Der Scoping-Termin habe bereits stattgefunden.

Horch wies darauf hin, dass der Anteil des Binnenschiffs am Hamburger Hinterlandverkehr im ersten Halbjahr 2015 um 15 Prozent gestiegen sei. Der Anteil am Containerverkehr sei aber mit 2 Prozent weiterhin sehr gering, räumte Horch ein.

Kanal-Bündnis: In Transportketten denken

Jürgen Glaser, stellvertretender Vorstand des Bündnis Elbe-Seitenkanal (BESK), dem Hamburg am Donnerstag auch beigetreten ist, kritisierte die Fixierung des BVWP auf das NKV. Dabei werde nicht in Transportketten gedacht. „Aber eine Kette ist nur so stark wie das schwächste Glied“, sagte er mit Blick auf das vorhandene Schiffshebewerk, dessen Troglänge mit 100m nicht mehr zeitgemäß sei. Glaser plädierte bei der neuen Schleuse für eine Kammerlänge von 225 m, damit zwei 110m-Schiffe gleichzeitig geschleust werden können.

Grünen-Verkehrsexpertin Wilms sieht Chance für Verschonung der Elbe

Die Grünen-Verkehrsexpertin Valerie Wilms sprach sich ebenfalls für den Schleusenbau aus. Sie wies nicht nur auf die Störanfälligkeit des Hebewerks hin, sondern auch darauf, dass ein leistungsfähigerer Elbe-Seitenkanal den Ausbau der Elbe überflüssig machen würde. Im übrigen würde Schleusenbau gut in das grüne Konzept passen, vorrangig die europäischen Kernkorridore durch Deutschland zu ertüchtigen, unabhängig vom NKV.

Reichweite der 10 Mio. EUR Planungsmittel strittig

Am Rande der Veranstaltungen waren unterschiedliche Einschätzungen zu hören, wie weit die 10 Mio. EUR Planungsmittel reichen würden. Im niedersächsischen Verkehrsministerium hält man es für möglich, damit bis zur Ausschreibungsreife zu kommen. Aus Ingenieurskreisen wurde dagegengehalten, dass bei einem auf 250 Mio. EUR taxierten Projekt mindestens 10 Prozent Planungskosten kalkuliert werden sollten.

Hamburger Hafen arbeitet an „Willkommenskultur“ für Binnenschiff

Aus Speditionskreisen wird angemahnt, nicht nur die Infrastruktur zu verbessern. Kritisiert wird unter anderem, dass Binnenschiffe ausgerechnet beim mehrheitlich landeseigenen Terminalbetreiber HHLA nachrangig behandelt werden. Ihre Be- oder Entladung falle immer wieder dem Überstundenabbau zum Opfer – sofern überhaupt ein Liegeplatz zu erhalten ist. Bei kleineren Terminalbetreibern sei hingegen mehr Entgegenkommen üblich.

Horch räumte ein, dass die Rahmenbedingungen für Binnenschiffe zum Beispiel am Burchardkai „schwierig“ seien. Es sei aber ein Programm aufgelegt worden, um die Rahmenbedingungen für Binnenschiffe zu verbessern. Es gehe dabei um zusätzliche Liegeplätze, Wartezonen und „bessere Umfuhren“. Marina Basso Michael von Hafen Hamburg ergänzte, dass eine Koordinationsstelle für die Binnenschifffahrt in Vorbereitung sei. „Wir haben noch viele Hausaufgaben zu erledigen“, gab aber auch sie zu. (roe)

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