Die „Maritime Agenda 2025“ erhebt laut dem federführenden Bundeswirtschaftsministerium den Anspruch, ein „langfristig angelegten Rahmen für eine konsequente Zukunftspolitik zur Stärkung des maritimen Wirtschaftsstandortes Deutschland“ zu sein. Eindeutiger Schwerpunkt der neun Handlungsfelder im 30-seitigen Papier ist die Stärkung der maritimen Industrie. Das auf der Nationalen Maritimen Konferenz im Oktober 2015 angekündigte Konzept befasst sich aber auch mit Schifffahrts- und Hafenpolitik.
Lob für Maritimes Bündnis
In Sachen Schifffahrt wird betont, dass „für eine Exportnation wie Deutschland ein wettbewerbsfähiger Schifffahrtsstandort mit einer leistungsstarken Handelsflotte von großer gesamtwirtschaftlicher Bedeutung“ ist. Vage heißt es, dass sich die Bundesregierung dafür einsetzen werde, das „Gesamtpaket zur Stärkung der Seeschifffahrt unter deutscher Flagge zu gegebener Zeit zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen“ und „durch eine Modernisierung der Flaggenstaatverwaltung die Dienstleistungsqualität im Vergleich zu der Verwaltung anderer Flaggenregister weiter zu verbessern, die Möglichkeit der elektronischen Antragstellung weiter auszubauen und entsprechende technische Lösungen zu entwickeln“. Zeithorizonte werden nicht genannt.
Etwas überraschend wirkt die Feststellung, seit mehr als zehn Jahren werde im Maritimen Bündnis für Ausbildung und Beschäftigung in der Seeschifffahrt „vertrauensvoll zusammengearbeitet“: Die Gewerkschaft Verdi war bekanntlich im Juni 2016 aus Protest gegen die gelockerte Schiffsbesetzungsverordnung ausgetreten.
Bund schweigt zu heiklen Themen
In der Hafenpolitik wird vor allem auf das Nationale Hafenkonzept Bezug genommen. Der Bund bekennt sich erneut dazu, „im Rahmen bestehender Bundeszuständigkeit die Infrastruktur zur Bewältigung der prognostizierten Güterverkehre zu erhalten, bedarfsgerecht auszubauen und zu modernisieren“. Er mahnt aber wie schon im Hafenkonzept auch eine bessere Koordinierung der Hafenpolitik zwischen Bund und Ländern an. „Im Interesse der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und der Häfen müssen sich Bund und Länder auf neue Vereinbarungen über die Zusammenarbeit in der Hafenpolitik verständigen.“
Mit Blick auf die hitzige Debatte in Brüssel über das EU-Beihilferecht für Häfen bekennt sich der Bund zum Ziel, für Infrastrukturinvestitionen „einen angemessenen Gestaltungsrahmen zur Weiterentwicklung der deutschen Häfen“ zu erhalten.
Das heikle Thema Elb- und Weservertiefung wird nicht explizit erwähnt. Vage heißt es nur, die Bewältigung der prognostizierten Güterverkehre erfordere „optimal ausgebaute Zufahrten zu den See- und Binnenhäfen“.
Konkretes nur bei LNG
Vergleichsweise konkret wird es beim Thema neue Antriebe und alternative Treibstoffe: Der Entwurf einer Richtlinie des BMVI für eine weitergehende Förderung des Einsatzes von LNG in der Seeschifffahrt werde derzeit zwischen den Ressorts abgestimmt, heißt es. Außerdem bietet der Bund den Ländern und Hafenstädten Koordinierungshilfe bei der Etablierung „eines möglichst effizienten und harmonisierten Genehmigungsmanagements“ für LNG- und Methan-Infrastruktur an.
Ungewohnt klare Kritik
Mehrere Branchenverbände zeigten in unterschiedlicher Deutlichkeit enttäuscht. Zwar werde die Bedeutung der Hafenwirtschaft angemessen dargestellt, teilte der Seehafenverband ZDS mit, doch „hätte die Agenda ehrgeiziger ausfallen müssen“. Die Bundesregierung sollte ordnungspolitische Instrumente wie etwa das Wettbewerbsrecht oder das Planungs- und Umweltrecht stärker in den Fokus der zukünftigen Arbeit rücken. Die 10. Nationale Maritime Konferenz im April biete eine Gelegenheit, „die Weiterentwicklung der Agenda in eine ambitionierte und umfassende Zukunftsstrategie für den Standort anzustoßen.“
Ähnlich sieht es der Reederverband VDR aus: Die Agenda bleibe „mit ihrem Anspruch, ein Strategiepapier zu sein, hinter dem Entwurf für ein Luftverkehrskonzept der Bundesregierung zurück“, erklärte Verbandsgeschäftsführer Ralf Nagel. Es fehle an einer Bestandsaufnahme und Analyse der globalen Wettbewerbslage der maritimen Branche.
Auch der Schiffsbauverband VSM vermisst Grundlagen: „Die Situationsanalyse und dementsprechend die erforderlichen Antworten greifen noch zu kurz“, teilte der Verband mit. Der VSM begrüße es darum sehr, dass zügig noch eine dezidierte Wertschöpfungsanalyse für die gesamte maritime Wirtschaft in Deutschland erarbeitet werden soll und dass eine Nachsteuerung mit Blick auf neue und veränderte Herausforderungen ausdrücklich in Aussicht gestellt werde.
Sehr deutlich wird Nagel: „Die Agenda ist gut, sie muss aber zu einer Gesamtstrategie weiterentwickelt werden, sonst bleibt sie von begrenztem Wert für die Bewältigung der Zukunftsfragen der maritimen Wirtschaft.“ (roe)
Externer Link: Maritime Agenda 2025