BMVI will laute Güterwagen ab 2020 ausbremsen

Ziel des am Dienstag in die Verbändeanhörung gegangenen „Schienenlärmschutzgesetzes“ ist, dass die Lärmbelastung der Anwohner auch bei Vorbeifahrt „lauter“ Züge auf das Maß sinkt, das bei Vorbeifahrt eines Zuges aus Wagen mit „Flüsterbremsen“ entsteht. Dafür ist die Geschwindigkeit von Zügen mit lauten Wagen schon bei der Trassenzuweisung entsprechend zu drosseln. Die Konsequenzen in Form verlängerter Fahrzeiten und erzwungener Stopps für Überholungen hat das jeweilige Unternehmen zu tragen. Das BMVI geht davon aus, dass damit ein ausreichend hoher wirtschaftlicher Anreiz geschaffen wird, alle Wagen rechtzeitig auf leise Bremsen umzustellen.

Um einen Zug als „laut“ zu qualifizieren, reicht ein einziger Wagen ohne Verbundstoff- oder Scheibenbremse. Ist bei Trassenbeantragung noch nicht klar, ob ein Zug auch laute Wagen enthält, ist eine Trasse mit gedrosselter Geschwindigkeit zuzuweisen.

Ausnahmen eng umgrenzt

Nur dort, wo die Anliegerbelastung auch durch laute Güterzüge nicht die Grenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung erreicht, muss die Geschwindigkeit nicht gedrosselt werden. Ausgenommen sind ferner Hafen- und Werksbahnen, weil dort ohnehin nicht schneller als 60km/h gefahren wird. Das BMVI geht ferner davon aus, dass Infrastrukturen nichtbundeseigener Eisenbahnen vom Gesetz nicht betroffen sind.

Ausnahmen von der Pflicht zur Flüsterbremse sieht das Gesetz nur für Wagen vor, die nach heutigem Stand nicht umgerüstet werden können; konkret gelte das etwa bei Raddurchmessern von weniger als 840mm, weil es dafür keine zugelassenen Verbundstoffsohlen gibt. Ausnahmen gelten auch für historische Fahrzeuge.

EIU und EVU in der Pflicht

Die Verpflichtung, die Geschwindigkeitsdrosselung umzusetzen, trifft zum die Infrastrukturbetreiber, speziell bei der Trassenzuweisung; zum anderen sind die Eisenbahnverkehrsunternehmen und die Triebfahrzeugführer in der Pflicht.

Die Kontrolle soll das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) übernehmen. Durch ein Monitoring-Netz von 15 bis 20 Messstellen an den Hauptstrecken soll die Einhaltung des Gesetzes überprüft werden. Ferner sind Stichproben der Dokumentation von Infrastruktur- und Verkehrsunternehmen geplant.

Für Verstöße sind Bußgelder bis 50.000 EUR vorgesehen. Bei wiederholten Verstößen darf die zuständige Behörde auch strecken- und tageszeitbezogene Höchstgeschwindigkeiten festlegen oder nächtliche Fahrverbote verhängen.

BMVI betont EU-Konformität

Viel Raum widmet das Verkehrsministerium der Beweisführung, dass das gewählte Verfahren EU-rechtskonform ist. Kernpunkt ist, dass alle Nutzer der Schienenwege unabhängig von ihrer Herkunft gleichermaßen betroffen sind und keine Vorgaben für die Art der Bremse gemacht werden.

Verworfen wird der Vorschlag, die Trassenpreise bis zu 30 Prozent zu spreizen. Erstens würde damit das Ziel der Lärmreduzierung verfehlt, weil es für nur gelegentlich nach Deutschland einfahrende laute Wagen billiger sein kann, auf eine Umstellung zu verzichten. Zum anderen sei die vom EU-Recht verlangte Einnahmeneutralität vorab kaum rechtssicher zu kalkulieren.

Im Begründungsteil wird außerdem hervorgehoben, dass mit dem Gesetz die EU-Umgebungslärm-Richtlinie umgesetzt wird. Dagegen lasse das EU-Recht offen, wie die Mitgliedstaaten das Recht auf Nutzung der Schieneninfrastruktur konkret ausgestalten.

Mit dem vom Bund bezuschussten lärmabhängigen Trassenpreissystem habe Deutschland außerdem seinen Beitrag geleistet, damit die Güterwagenbetreiber ihre Flotten rechtzeitig umstellen können.

Zum Stand der Umrüstung sind aktuell widersprüchliche Zahlen im Umlauf. Der Verkehrsbrief wird berichten, sobald noch offene Anfragen bei den Akteuren beantwortet worden sind. (roe)

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