Eckpunkte zur Infrastrukturgesellschaft mit viel Luft

Der Wortlaut (siehe hier) lasse einen breiten Interpretationsspielraum offen, von einer extrem schlanken Infrastrukturfinanzierungsgesellschaft bis hin zu einem breit und tief aufgestellten Unternehmen mit eigenem Betriebsdienst. Das war aus Verbands- und Länderkreisen zu hören. Zweifel wurden geäußert, ob bis zum Beginn des Bundestagswahlkampfes ein ausreichendes gemeinsames Verständnis erarbeitet werden kann, um die notwendige Grundgesetzänderung zu verabschieden.

Was ist „Opt-out“?

Ebenfalls ungeklärt blieb, was mit der „Opt-out“-Regelung gemeint ist. Laut Beschlusstext haben sich Bund und Länder auf eine „Reform der Bundesauftragsverwaltung mit Fokus auf Bundesautobahnen und Übernahme in die Bundesverwaltung (übrige Bundesfernstraßen opt out)“ geeinigt. Der Begriff sei von einer kleinen Arbeitsgruppe „zu später Stunde“ eingefügt worden, ist aus Teilnehmerkreisen des Spitzengesprächs hören. Von den Mitgliedern der Arbeitsgruppe sei aber am Montag keiner für eine Klärung erreichbar gewesen. Gegenüber dem Verkehrsbrief wurde von den befragten Länder- und Bundesvertretern vermutet, dass den Ländern die Option gewährt werden soll, Bundesstraßen nicht in die Obhut der Bundesfernstraßengesellschaft zu geben.

Konfliktpunkt Rechtsform

Als erster Konfliktpunkt scheint sich die Frage der Rechtsform herauszukristallisieren: Der zuständige SPD-Berichterstatter im Bundestag, Sebastian Hartmann, forderte möglichst viel Staatsnähe. Der Beschluss sehe zwar eine privatrechtliche Gesellschaft vor – „es sollte aber besser eine staatliche Infrastrukturgesellschaft werden, am besten als Anstalt öffentlichen Rechts“, erklärte Hartmann. Er ist damit auf einer Linie mit Thüringen, das in einer Protokollnotiz zum Beschluss ebenfalls fordert, eine AöR zu prüfen.

Verdi contra, Pro Mobilität und DVF pro

Eduard Oswald, Präsident von Pro Mobilität, äußerte sich positiv über die Grundsatzentscheidung. „Durch die privatrechtliche Struktur wird sich die Bundesgesellschaft leichter als öffentliche Verwaltungen tun, im Wettbewerb um Ingenieure und andere Fachkräfte am Arbeitsmarkt zu bestehen“, erklärte er. Zugleich könnten für Spezialgebiete wie Öffentlichkeitsbeteiligung, Umweltschutz oder die Digitalisierung des Verkehrs bundesweit einsetzbare Kompetenzteams aufgebaut werden.

Ulrich Nußbaum, der Präsidiumsvorsitzende des Deutschen Verkehrsforums, begrüßte den Beschluss ebenfalls und forderte, die weiteren Details zügig auszuhandeln. Er sprach sich dafür aus, private Investoren zum Beispiel über Projektbonds im Rahmen von ÖPP einzubinden.

Davor hatte die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi allerdings schon im Vorfeld gewarnt. „Gerade in einer Niedrigzinsphase ist es unverantwortlich, statt Kredite zum Nulltarif aufzunehmen, privaten oder institutionellen Geldgebern höhere Renditezusagen machen zu wollen“, hatte Verdi-Chef Frank Bsirske vor Verhandlungsbeginn gesagt. Eine privatrechtliche Verkehrsinfrastrukturgesellschaft würde niemals eine politische Mehrheit finden, wenn sie nicht Teil des Verhandlungspakets zu den Bund-Länder-Finanzen wäre. (roe)

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