Länder und Bau warnen vor voreiliger Reform im Straßenbau

  • „Kein Reifenwechsel in voller Fahrt“
  • Nachträge sind Folge zu geringer Planungspauschale
  • HDB: Fernstraßengesellschaft kann nur Schlussstein einer Reform sein
  • Konzept des Bundes angemahnt
  • Streit über formelle und faktische Steuerungsmöglichkeiten des Bundes

Bauwirtschaft und Länder sehen zwar Verbesserungsbedarf in der Straßenbau-Auftragsverwaltung, warnen aber vor einem überstürzten Umbau. „Wir haben noch funktionierende Strukturen, die wir jetzt beim Investitionshochlauf brauchen“, sagte Andreas Geyer vom Baugewerbeverband ZDB am Dienstag auf dem Infrastrukturkongress des Behörden-Spiegels. Er sprach sich für ein schrittweises Vorgehen aus. Als erstes sollten die von der Bodewig-I-Kommission vorgeschlagenen Verbesserungen umgesetzt werden.

„Kein Reifenwechsel in voller Fahrt“

Rainer Kosmider aus dem Verkehrsministerium von Mecklenburg-Vorpommern, dem Vorsitzland der Verkehrsministerkonferenz, räumte ein, dass einige Länder bei der Umsetzung des Investitionshochlaufs „besser unterwegs sind und andere schlechter unterwegs sind“. Er halte aber nichts von einem „Reifenwechsel in voller Fahrt“. Er plädiere daher für eine Optimierung innerhalb des bestehenden Systems; erst wenn das nicht funktioniere, „müssen wir neu nachdenken“. Kosmider warnte genauso wie Martin Stuber vom DGB, die Mitarbeiter der Straßenbauverwaltungen durch die Diskussion über Strukturreformen weiter zu verunsichern.

Nachträge sind Folge zu geringer Planungspauschale

Fachkompetenz, Planungskompetenz und Bauherrenkompetenz der Länder sind für Kosmider letztlich immer abhängig von der Finanzierung durch den Bund. Der Vorwurf des Bundes, dass die Länder nicht ausreichend sorgfältig planen und damit Nachträger verursachen, falle daher auf den Bund zurück: „Wenn man einen Kleinwagen bezahlt, darf man keine Limousine erwarten“, sagte er mit Blick auf die Zweckkostenpauschale von 3 Prozent der Investitionssummen. Aus dem Publikum kam dazu der Hinweis, der Bund müsse sich klar darüber werden, dass er bei einer Bundesfernstraßengesellschaft mindestens weitere 10 Prozent Planungskosten tragen müsse, die heute noch die Länder trügen.

HDB: Fernstraßengesellschaft kann nur Schlussstein einer Reform sein

Heiko Stiepelmann vom Bauindustrieverband HDB sagte, sein Verband sei bisher durchaus Anhänger der Auftragsverwaltung gewesen, habe inzwischen aber Zweifel. Die Qualität der Ausschreibungsunterlagen habe in letzter Zeit spürbar nachgelassen. Die Gründung einer Fernstraßengesellschaft könne aber nur der „Schlussstein“ einer Reform sein. Erster Schritt müsse eine „Kapitalsammelstelle“ sein, die unabhängig von jährlichen Haushaltsverhandlungen wäre

Konzept des Bundes angemahnt

Sowohl Kosmider als auch Stiepelmann kritisierten, dass noch kein konsistentes Konzept des Bundes für eine Fernstraßengesellschaft erkennbar ist. Ihm sei bekannt, dass die Bundesregierung die im Bericht der Fratzscher-Kommission beschriebene „sorgfältige Prüfung“ in Angriff genommen habe.

Streit über formelle und faktische Steuerungsmöglichkeiten des Bundes

Kosmider erhob den Vorwurf, dass es zumindest einigen Vertretern des Bundes bei der Diskussion über eine Bundesfernstraßengesellschaft anscheinend nur um mehr Möglichkeiten zum „Durchregieren“ gehe. Dafür sei aber keine neue Gesellschaft nötig. Der Bund sei selbst schuld, wenn er zum Beispiel das Instrument der Weisung in der gesamten Geschichte der Auftragsverwaltung bisher nur zweimal genutzt habe. Stiepelmann verwies im Gegenzug auf Niedersachsen, das die Weisung zum Ausbau der A7 per ÖPP erst nach hinhaltendem Widerstand akzeptiert habe. (roe)

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