Autobahngesellschaft: Vor der VMK steigt die Aufregung

  • Dobrindt droht mit Pranger
  • Angeblich Spannungen in der Bodewig-II-Kommission
  • HDB und Versicherer jetzt für staatseigene Gesellschaft
  • ACE-Studie empfiehlt stufenweises Vorgehen
  • Pro Mobilität sieht vier Optionen für die Bundesstraßen

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hat am Dienstag auf der 5. Nationalen Logistikkonferenz seine Pläne für eine Bundesautobahngesellschaft verteidigt. Durch die Blume deutete er an, dass der Bund auch bereit sei, einen Preis für eine Zustimmung der Länder zu zahlen. Es gehe nicht, dass in manchen Bundesländern ein „kleiner Koalitionspartner“ – gemeint waren die Grünen – den Autobahnbau verhindere. Er sei sich dessen bewusst, dass es in den Ländern Widerstand gegen eine Autobahngesellschaft gebe. Das gelte auch für sein eigenes Bundesland.

In Regierungskreisen hofft man, die für eine Bundesfernstraßengesellschaft notwendige Änderung des Grundgesetzes noch in dieser Legislaturperiode durchbringen zu können. Der Aufbau der neuen Strukturen könne dann in der neuen Legislaturperiode beginnen.

Dobrindt droht mit Pranger

Dobrindt mahnte die Länder, die notwendigen Planungskapazitäten für den Investitionshochlauf bereitzustellen. „Wer das nicht tut, muss sich auf Kritik von mir gefasst machen“, kündigte er für die VMK an. „Es reicht, auf die Landkarte mit den Baufreigaben zu schauen, um zu sehen, welche Länder Probleme mit ihrer Auftragsverwaltung haben.“

Angeblich Spannungen in der Bodewig-II-Kommission

Auf der Verkehrsministerkonferenz (VMK) am Donnnerstag und Freitag in Worms wird die Kommission „Bau und Unterhaltung des Verkehrsnetzes“ (Bodewig-II-Kommission) erste Ergebnisse vorstellen. Wie aus den Verhandlungen nahestehenden Kreisen zu hören ist, herrscht in der neuen Kommission ein angespannteres Klima als in den beiden vorangegangenen Kommissionen. Angeblich wird Ex-Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig vorgehalten, zu sehr eine Sichtweise des Bundes zu vertreten.

Im Vorfeld der VMK haben sich der Bauindustrieverband HDB gemeinsam mit dem Versicherungsverband GDV, der Automobilclub ACE und Pro Mobilität zum Thema Bundesfernstraßengesellschaft zu Wort gemeldet.

HDB und Versicherer jetzt für staatseigene Gesellschaft

HDB und GDV gehen in einem neuen Positionspapier in einigen Punkten auf Distanz zu den Vorschlägen der Fratzscher-Kommission. „Die Gesellschaft sollte öffentlich bleiben“, heißt es, während sich die klar von Versicherungs- und Bankeninteressen getriebene Fratzscher-Kommission eine Teilprivatisierung der Gesellschaft explizit vorstellen konnte. Grundsätzlich halten sie aber an einer Beteiligung privater Investoren fest, sie „sollte aber in erster Linie auf Projekt- und nicht auf Gesellschaftsebene erfolgen“.

Ebenfalls verworfen wird die Idee von Regionalgesellschaften für eine Übergangszeit. Die Schaffung einer oder mehrerer Betreibergesellschaften ohne gemeinsames „Dach“ auf Bundesebene wäre nach Ansicht der beiden Verbände kontraproduktiv.

HDB und GDV sprechen sich für eine „schlanke“ Managementgesellschaft aus, die zum einen Finanzierung und strategische Netzplanung übernimmt. Dabei soll der Primat der Politik allerdings erhalten bleiben, wie seitens des HDB auf Nachfrage betont wurde. Zum anderen soll die Gesellschaft Planungs- und Bauleistungen bestellen und sich dabei auch „operativer Einheiten vor Ort“ bedienen. „Je nach Wirtschaftlichkeit“ wird ihr auch die Möglichkeit zur Eigenerledigung zugestanden – sogar gleichrangig mit Fremderledigung. Abgelehnt hingegen wird die Verschmelzung mit Teilen der Auftragsverwaltungen der Länder. Dadurch entstünde eine teure „Mammutbehörde“, die nur schwer steuerbar wäre.

ACE-Studie empfiehlt stufenweises Vorgehen

Angst vor einer „Mammutbehörde“ durchzieht auch eine am Mittwoch veröffentlichte (Kurz-) Studie des Verkehrswissenschaftlers Prof. Alexander Eisenkopf zu ÖPP für den gewerkschaftsnahen Autoclub ACE. Eine Verkehrsinfrastrukturgesellschaft mit Zuständigkeit für Autobahnen und Bundesstraßen „würde auf eine Behördenstruktur hinauslaufen, deren effiziente Organisation und Führung kaum zu gewährleisten ist, insbesondere wenn maßgebliche Teile der bisherigen Straßenbauverwaltung als Projektträger ad hoc in diese Gesellschaft zu integrieren wären“.

Eisenkopf schlägt stattdessen vor, einer Verkehrsinfrastrukturgesellschaft auf Bundesebene zunächst nur eine finanzierende und koordinierende Rolle im System der Auftragsverwaltung zuzuweisen – in Anlehnung an das Fonds- bzw. Sondermögen-Modell der Daehre- und Bodewig-Kommission. Sie soll Mauteinnahmen und Steuermittel sammeln und mit den Auftragsverwaltungen Finanzierungsvereinbarungen abschließen.

Schrittweise wäre dann zu prüfen, welche Betreiberfunktionen von der Auftragsverwaltung an den Bund abzugeben sind. Vorher sollte aber das Netz so bereinigt werden, dass der Bund nur noch für großräumige nationale und grenzüberschreitende Straßen verantwortlich wäre. Die abzustufenden Bundesstraßen sollten an die Länder abgegeben werden, die dann ebenfalls Finanzierungsgesellschaften oder Fonds etablieren.

Pro Mobilität sieht vier Optionen für die Bundesstraßen

Auf das Schicksal der Bundesstraßen bei Gründung einer reinen Bundesautobahngesellschaft geht ein neues Diskussionspapier von Pro Mobilität. In dem Papier werden keine fertigen Lösungen angeboten, sondern die Vor- und Nachteile verschiedener Modelle durchdekliniert. Zu überlegen sei zum Beispiel, fernverkehrsrelevante Bundesstraßen ebenfalls der Autobahngesellschaft zuzuordnen; das Risiko seien dann aber neue Schnittstellen. Für (anderen) Bundesstraßen seien verschiedene Optionen denkbar:

  • Übernahme durch den Bund
  • Vertragliche Steuerung von öffentlichen und privaten Partnern
  • Übertragung an die Länder gegen finanzielle Kompensation
  • Beibehaltung einer reformierten Auftragsverwaltung

Pro Mobilität macht allerdings darauf aufmerksam, dass von Nutzerseite eine Übertragung auf die Länder eher skeptisch gesehen werde, „weil der schlechte Zustand vieler Landesstraßen eine weitere Abnahme von Qualität und Verkehrssicherheit der bisherigen Bundesstraßen befürchten lässt und deren Bedeutung für das fernverkehrsrelevante Gesamtnetz nicht Rechnung getragen würde“. (roe)

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