MEINUNG: Die E-Auto-Regeln brauchen eine Hauptuntersuchung

Teutonischer Pseudoperfektionismus oder nur „gut gemeint“? Der Bundesrat sollte sich die beiden Verordnungen zur Umsetzung des Elektromobilitätsgesetzes (EmoG) mit mehr Sorgfalt anschauen als es sonst geboten ist. Die im EmoG noch abstrakten Fragwürdigkeiten werden hier nämlich in konkrete Verwaltungspraxis gegossen.

Fangen wir an mit der Freigabe der Busspuren: Nach der in der Novelle der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur StVO gewählten Formulierung dürfen die Kommunen Busspuren für E-Kfz freigeben, „wenn dadurch der Linienverkehr nicht wesentlich gestört wird“ (Artikel 1, Absatz 1). Das sieht auf den ersten Blick nach einem Gummiparagraphen aus, mit dem bekanntermaßen unwillige Kommunen wie Berlin und Hamburg alle Ersuchen um eine Freigabe abbügeln können. Doch ist damit wirklich sichergestellt, dass ein von der Elektrolobby gesponsorter Kläger nicht doch vor Gericht eine Freigabe erzwingt? Denn was heißt „nicht wesentlich“? Und bei wem liegt die Beweislast? Die Rechtsstreitigkeiten um die Benutzungspflicht mancher Radwege lassen Dunkles ahnen. Der Bundesrat – die die Busspurfreigabe bisher immer skeptisch gesehen haben – hätten hier eine Chance, durch einen Maßgabebeschluss zumindest eine klarere Rechtslage herbeizuführen.

Fragwürdig erscheint auch die Vorgabe, dass die maximale Parkdauer an Ladesäulen in der Zeit von 8 bis 18 Uhr vier Stunden nicht überschreiten soll (Artikel 1, Absatz 6). Verständlich ist, dass die teuren Ladesäulen nicht durch Dauerparker blockiert werden sollen. Aber erstens reichen vier Stunden nicht zum vollen Laden einer leergefahrenen Batterie. Für Berufspendler, die ihr E-Auto teilentladen abstellen, mag es noch angehen, aber für Carsharing-Fahrzeuge? Zweitens schafft es für Berufspendler aus lebenspraktischer Sicht einen negativen Anreiz, ein E-Auto zu fahren: Wer hat schon Lust, während der Arbeitszeit 20 oder 30 Minuten auf das Umparken zu ver(sch)wenden? Drittens wird durch die Vier-Stunden-Regelung zusätzlicher Parksuchverkehr verursacht. Viertens: Wer parkt eigentlich Carsharing-E-Auto um? Nach einem bis zum Ende durchdachten Konzept klingt das nicht.

Nicht einleuchtend ist auch, warum laut Novelle der Fahrzeug-Zulassungsverordnung für inländische Fahrzeuge unbedingt ein neues Kennzeichen ausgegeben muss, um es als E-Kfz kenntlich zu machen (Artikel 1, Absatz 2). Das ist sicherlich ein schönes Geschäft für die Schilderpräger, aber die blaue Klebeplakette, die für ausländische Kfz ohnehin ausgegeben werden muss, hätte es auch getan.

Und warum muss die Klebeplakette eigentlich an der Rückseite des Fahrzeugs angebracht werden? Die meisten Privilegien genießen E-Kfz beim Parken. In den parkraumbewirtschafteten Zonen sind Parkscheine und Anwohnervignetten an der Windschutzscheibe auszulegen. Sollen die Parkraumüberwacher jetzt jedes ausländische Fahrzeug ohne Vignette oder Parkschein einmal umrunden, um nach einer blauen Klebeplakette zu suchen? Bürokratievereinfachung geht anders. (roe)

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