Noch keine festen Fronten bei Autobahngesellschaft

  • VMK-Vorsitzender Pegel will Auftragsverwaltung erhalten
  • Unruhe durch Umbau in der Verwaltung vermeiden
  • Ex-Minister Fischer: Bundesgesellschaft kann einfacher Standards setzen
  • Niedrige Planungspauschale verleitet zu Schlamperei
  • SPD-Haushälterin warnt vor Schattenhaushalten
  • Annäherung bei Haushalts-Selbstbindung für Straßenerhalt

Die Länder verfolgen die Überlegungen der Bundespolitik zum grundlegenden Umbau der Bundesfernstraßenverwaltung mit großer Skepsis. Das machte Christian Pegel, Vorsitzender der Verkehrsministerkonferenz (VMK), am Mittwochabend auf einer Veranstaltung von Pro Mobilität deutlich. „Die Länder behaupten nicht, dass es kein Veränderungspotenzial in der Auftragsverwaltung gibt“, räumte Pegel ein. Er sehe darin aber keinen Grund dafür, die Auftragsverwaltung gleich gänzlich abzuschaffen. „Sie brauchen dafür eine Zweidrittelmehrheit der Länder“, sagte er an die Adresse von Verkehrsstaatsekretär Norbert Barthle mit Blick auf die dann nötige Grundgesetzänderung. „Dafür brauchen Sie gute Argumente.“ Die VMK werde sich auf ihrer nächsten Sitzung im Oktober mit dem Bericht der Fratzscher-Kommission befassen, kündigte er an.

Barthle selbst hielt sich bedeckt und wiederholte lediglich die bereits bekannte Position, dass der Bund „daran denke“, eine eigene Gesellschaft in Zuständigkeit des Bundes zu errichten. Am Rande der Veranstaltung war zu hören, dass das BMVI erst in den letzten Tagen das Referat benannt habe, das sich mit dem Thema befassen soll.

VMK-Vorsitzender will Auftragsverwaltung erhalten

Klar ist aus Pegels Sicht, dass für eine stärkere Berücksichtigung von Lebenszykluskosten, wie sie Fratzscher fordert, die Auftragsverwaltung nicht abgeschafft werden muss. Ebenfalls zog er in Zweifel, dass eine unternehmerisch agierende Bundesgesellschaft automatisch günstiger baue. Es habe in seinem Land (Mecklenburg-Vorpommern) auch bei Projekten, die von der Deges geplant und gesteuert wurden, „erhebliche Kostenbewegungen“ gegeben.

Für fragwürdig hält Pegel die Argumentation mit der Zahl der Verwaltungsebenen: Die bundeseigene Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) habe derzeit vier Ebenen, bei den Bundesfernstraßen seien es nur drei. Auch eine künftige Bundesautobahngesellschaft müsse aber herunter bis auf lokale Ebene vertreten sein, um schnell Probleme lösen zu können.

Unruhe in der Verwaltung vermeiden

Wichtigstes Argument gegen eine Umstrukturierung ist aus Pegels Sicht aber, dass gerade in der Zeit des Investitionshochlaufs alles vermieden werden sollte, was Unruhe in die Verwaltung trägt und von der Arbeit ablenkt. „Glauben Sie, dass eine Länderverwaltung geschlossen in eine neue Richtung marschiert, wenn sie zum Bund gehört?“ Negativbeispiel in dieser Hinsicht sei das „Chaos“ in der WSV durch die Verwaltungsreform. Ex-Landesverkehrsminister Karl-Heinz Daehre ließ dieses Argument gegen jegliche Strukturveränderungen nicht gelten. „So schlimm ist das nicht.“

Fischer: Bundesgesellschaft kann Standards setzen

Pro-Mobilität-Präsident Peter Fischer, selbst früher Landesverkehrsminister in Niedersachsen, hält eine Bundesverwaltung ebenfalls nicht per se für besser als die Auftragsverwaltung. Durch die Sparwellen der vergangenen Jahre seien die Länder heute aber qualitativ sehr unterschiedlich aufgestellt. Das führe letztlich zu Schwächen im Netz. Ein bundeseigene Gesellschaft böte die Möglichkeit, einheitliche Standards für alle Länder festzulegen.

Niedrige Planungspauschale verleitet zu Schlamperei

Einig waren sich Pegel und Deges-Geschäftsführer Dirk Brandenburger darin, dass die Zweckkostenpauschale von lediglich 3 Prozent für Planung und Bauaufsicht einen Fehlanreiz darstelle. Sie führe dazu, dass speziell über Untergrundprobleme schnell hinweggewischt werde, sagte Pegel – unausgesprochen: im sicheren Vertrauen darauf, der Bund ein einmal begonnenes Projekt trotzdem bis zum Ende durchfinanziert.

SPD-Haushälterin warnt vor Schattenhaushalten

Noch unentschieden zeigte sich die SPD-Haushaltspolitikerin Bettina Hagedorn. „Wenn einer das Geld und der andere das Geld ausgibt, ist das keine effiziente Lösung“, sagte sie. „Wir dürfen uns aber nicht Konstrukte ausdenken, die zu Schattenhaushalten und verdeckter Verschuldung führen.“ Von einigen Teilnehmer wurde das als Seitenhieb gegen das Bundesfinanzministerium verstanden, das sich mit der angedachten Bundesautobahngesellschaft angeblich das Ziel verfolgt, Haushaltsrisiken auszulagern.

Annäherung bei Selbstbindung für Straßenerhalt

Eine gewisse Annäherung zwischen Hagedorn einerseits und dem Unions-Verkehrsexperten Oliver Wittke sowie seiner Grünen-Kollegin Valerie Wilms war bei der Frage einer langfristigen Selbstbindung der Politik für die Erhaltungsmittel in Form eines Sondervermögens oder Fonds wahrzunehmen. Hagedorn hatte solche Modelle als „Entparlamentarisierung“ abgelehnt und darauf bestanden, jährlich neu entscheiden zu können. „Was Sie beschreiben, ist Infrastrukturpolitik nach Kassenlage“, hielt Wittke ihr entgegen. „Das wollen wir nicht.“ Wilms betonte, dass im Grünen-Modell die langfristige Selbstbindung nur die Mittel für Betriebsdienst, Instandhaltung und Erhaltungsinvestitionen umfasse. Über Neu- und Ausbau solle weiterhin das Parlament entscheiden, betonte sie zur sichtlichen Erleichterung von Hagedorn. (roe)

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