Der Mensch ist die Schwachstelle des automatisierten Fahrens

  • Rückholen des Fahrers
  • Fahrer muss Grenzen verstehen
  • Datenintegrität und Updates

Bevor das automatisierte Fahren wie erhofft mehr Sicherheit in den Straßenverkehr bringt, müssen noch viele Fragen des Miteinanders von Mensch und Maschine gelöst sowie die Technik verbessert werden. Das wurde auf einer Veranstaltung des Deutschen Verkehrsforums (DVF) in der vergangenen Woche in Berlin deutlich.

Rückholen des Fahrers

Eine der größten konkreten Herausforderungen sieht Andre Seeck von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) in der Frage, wieviel Zeit nötig ist, um dem Fahrer aus dem (teil-) automatisierten Fahren wieder ans Steuer zurückzuholen. Eine feste Dauer lasse sich nicht definieren, ließ er bereits durchblicken. Viel hänge davon ab, ob der Fahrer hellwach oder schon fast eingeschlafen ist.

Ähnlich wie Klaus Kompass von BMW plädiert er dafür, die „Nebenaufgabe“ des Fahrers – sei es Unterhaltung oder zum Beispiel E-Mail – an das Fahrzeug zu binden, um sie ihm wirksam entziehen zu können, wenn er wieder am Steuer benötigt wird.

Frank Leimbach von der Dekra setzte über das Rückholen ein großes Fragezeichen: Wie lässt sich sicherstellen, dass künftige Generationen von Autofahrern überhaupt noch selbst fahren können, falls das System ausfällt oder zur Übernahme der Steuerung auffordert?

Fahrer muss Grenzen verstehen

Eine der größten Herausforderungen sei, dem Fahrer bewusst zu machen, was das System kann und was nicht, stellte Seeck heraus. In einem längeren BMW-Versuch mit „Normalkunden“ hatten diese am Anfang hohe Erwartungen; nach einem Monat Probefahren seien sie enttäuscht gewesen – worüber sich Kompass aber sehr erleichtert zeigte: Das sorge dafür, dass sich der Fahrer nicht blind auf das System verlässt.

Frank Leimbach von der Dekra erinnerte daran, dass menschliches Versagen für viele Unfälle verantwortlich sein, aber viele Unfälle auch vom Menschen vermieden werden. Dem Computer dieses Wissen und diese Erfahrung beizubringen, sei eine der großen Herausforderungen, pflichtete Kompass bei: Das Fahrzeug müsse nicht nur beobachten, sondern auch interpretieren – und in dieser Disziplin sei der Mensch sehr gut. Ohne Künstliche Intelligenz und „Deep Learning“ werde es daher nicht gehen. Beim Training des Computers auf einem Testgelände bestehe aber die Gefahr, dass unbeabsichtigt Merkmale der Testumgebung in die Entscheidungsalgorithmen eingehen (sogenannte Artefakte). Die Alternative sei, unausgereifte Autos auf die Straße zu bringen. „Da habe ich Bauchschmerzen“, sagte Kompass.

Datenintegrität und Updates

Leimbach wies darauf hin, dass für das automatisierte Fahren viel häufiger Software-Updates im Fahrzeug notwendig sein werden. Genauso wie Ulrich Klaus Becker vom ADAC stellte er die Frage in den Raum, ab wann eigentlich eine neue Typzulassung erforderlich ist.

Nach Seecks Einschätzung müssen sich die Hersteller aber auch auf eine regelmäßige Hardware-Aufrüstung gefasst machen: Die wachsende Leistungsfähigkeit von Hackern erfordere laut Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, alle drei Jahre die Kryptoschlüssel zu verlängern. Das erfordere aber auch leistungsfähigere Bordcomputer. Wenn die Hersteller nicht schon am Fließband teure Kapazität auf Vorrat einbauen, müssen sie später kostengünstig nachrüsten können. (roe)